Der Heilige FelsenDer Felsendom im Zeitalter der Kreuzzügevon Jörg Dendl[Update: 20. Oktober 2011] |
Der folgende
Text ist abgedruckt in: Miszellen aus dem Schülerkreis (Festschrift für Prof. Dr. K. Elm), Berlin: Freie Universität Berlin 1995, S. 1-11 (Die jeweilige Seite wird in dieser Internet-Version von einem Strich abgeschlossen) |
Als am 15. Juli 1099 die Kreuzfahrer in Jerusalem
eindrangen, war eines der ersten Ziele der Eroberer
der Tempelplatz. Dort befanden sich seit dem 7. Jhd.
zwei bedeutende Bauwerke der islamischen Architektur:
die Moschee al-Aqsa und die Qubbet as-sakra, der
"Felsendom". Für die Muslime war dieser Platz,
der einst den Tempel des Salomo getragen hatte, der
heiligste Ort in Jerusalem. Der den Tempelplatz mit
seiner Kuppel überragende Felsendom muß die
Phantasie der Kreuzfahrer besonders angeregt haben.
Diesem schon durch seine auffällige Architektur
bemerkenswerten Bauwerk gaben sie den Namen "Templum
Domini", was die Verbindung dieses Gebäudes zum
Wirken Jesu ganz besonders in den Vordergrund
rückte. Die Moschee Al-aqsa am Südrand des
Tempelplatzes wurde kurzerhand zum "Palatium Salomonis"
erklärt [1]. Damit
waren die Zuweisungen festgelegt, die bis zum Ende der
Kreuzfahrerherrschaft, und in den Vorstellungen der
späteren Pilger darüber hinaus, die
Einordnung dieser Stätten in die christliche
Topographie Jerusalems ausmachten. Während das Palatium Salomonis zunächst als Palast des Königs von Jerusalem und in späterer Zeit als Hauptsitz des Templerordens eine weitgehend profane Funktion zugewiesen bekam, wurde das Templum Domini in eine Kollegiatskirche umgewandelt. [2] Anscheinend spielten bei diesen Funktionszuweisungen für die beiden Gebäude die vorherige Bestimmung unter der islamischen Herrschaft keine Rolle. Die Christen schöpften ihre Traditionen aus weiter in der Vergangenheit liegenden Quellen. Die Identifizierung des Felsendoms mit dem Tempel, in dem Jesus wirkte, mutet willkürlich an, bot doch der islamische Bau keinen Anhaltspunkt für eine solche Tradition. Woran aber konnte die Tradition, die den Felsendom mit dem Tempel der Juden und damit mit Jesus verband, festgemacht werden? Diese Frage führt weg vom Felsendom selbst und hin zu dem von diesem Bauwerk umgebenen "Heiligen Felsen". Dieser Felsen besteht aus dem anstehenden Gestein des Tempelberges. Von Norden nach Süden gemessen beträgt seine Länge 17,94 m, seine Ost-West-Ausdehnung beträgt 13,19 m. Im Westen erhebt er sich bis auf eine Höhe von 1,09 m, von wo aus er in Richtung Osten auf 45 bis 55 cm abfällt. Auf der Nordseite des Felsens befinden sich zwei Steinplatten, die eine 90 cm tiefe Vertiefung bedecken, die in einen Kanal mündet, von dem vermutet wird, er habe im Seite 1 Tempel Salomos zum Auffangen des Opferblutes
gedient. [3] Unter dem
südlichen Teil dieses Felsens befindet sich eine
Höhle, zu der von der Südostecke aus eine
Treppe hinabführt. Diese Treppe ist zwischen 1,40
und 1,50 m breit und hat 14 Stufen. Der Raum unter dem
Felsen ist annähernd viereckig und mißt
7,40 x 6,90m. Seine Höhe schwankt zwischen 1, 46
und 2,62m. Ungefähr in der Mitte des Raumes ist
der Felsen von einer Öffnung mit ca. 90 cm
Durchmesser durchbrochen. Im Fußboden darunter
befindet sich der "Seelenbrunnen" (Bir el-Arouah),
eine Öffnung zu einem unter dem Felsen
verlaufenden wasserführenden Kanal, die mit einer
runden, etwa 1,68 m im Durchmesser messenden
Marmorplatte bedeckt ist. Der Felsen wird durch einen
Riß gespalten, der auf ein Erdbeben im Jahr 1067
zurückgeht. Es wird vermutet, daß es noch
weitere Höhlen neben der unter dem Heiligen
Felsen gibt [4], deren
Zugänge aber unbekannt sind. Die Gründe für die Errichtung des Felsendoms unter Kalif Abdalmalik in den Jahren 691-692 liegen in der Tradition des Koran begründet. In der ersten Strophe der 17. Sure des Koran heißt es: Spätere Legenden schmückten das in
diesem kurzen Vers berichtete Geschehen aus, und so
hieß es, Mohammed habe eine wunderbare
"Nachtreise" unternommen. Auf seinem Pferd Buraq, das
den Kopf einer Frau hatte, sei er dabei durch die
Lüfte nach Jerusalem gelangt. Dort, am
"entferntesten Platz" betete der Prophet zusammen mit
Abraham, Mose, König Salomo und Jesus. Dann stieg
er auf einer goldenen Leiter in das Paradies auf [5]. Nach seinem Besuch im
Paradies bestieg er wiederum sein Pferd Buraq und
gelangte noch in der gleichen Nacht nach Mekka
zurück. Der Ort, an dem die berichteten Ereignisse lokalisiert wurden, war der Tempelplatz von Jerusalem. Die islamische Tradition brachte die Ereignisse um die "Nachtfahrt" des Propheten in direkte Verbindung mit dem Heiligen Felsen, der zur Zeit der Eroberung Jerusalems durch die Araber noch unter freiem Himmel lag. Nach der Eroberung veranlaßte der Kalif Omar, den von den Christen vernachlässigten Tempelplatz zu säubern. An einzelnen Punkten des Felsens lokalisierte die Tradition Spuren der "Nachtreise". So finden sich an der Westseite des Felsens die "Fingerabdrücke Gabriels", an der Südwestecke ein Fußabdruck Mohammeds, eine Fußspur des Idris und weitere Fußspuren Mohammeds an der Südostecke. Im Inneren der Höhle unter dem Felsen werden die Betplätze von Salomo, Chadr, Abraham, Seite 2 David und Mohammed gezeigt. [6] Damit hatte der Felsen eine hohe
religiöse Bedeutung und der Felsendom diente als
Schutz und Krönung dieses Ortes. Die islamische Tradition, an dem Felsen bestimmte
Spuren der verehrten Personen zu lokalisieren, fand
später ihre Entsprechung in den Traditionen der
Kreuzfahrer. Wie auch an anderen Orten, so der
Grabeskirche, üblich, fanden sie ebenfalls
Fußabdrücke oder andere Spuren Jesu an dem
Felsen. Mit der Zeit wurden auch weitere Ereignisse
der neutestamentlichen Geschichte auf den Felsen und
das Bauwerk übertragen, insbesondere solche, in
denen Maria eine Rolle spielte. [7] Doch auch diese Islam und
Christentum gemeinsame Tradition, Spuren des Wirkens
der heiligen Personen an einem bestimmten Ort zu
lokalisieren kann nicht als ursprüngliche
Traditionslinie für die Bezeichnung des
Felsendoms als Templum Domini angesehen werden. Die christliche Anschauung hatte ihre Wurzel
letztendlich in den jüdischen Traditionen und
Überlieferungen. Für die Juden war der
Heilige Felsen seit der Tempelzerstörung (70 n.
Chr.) eine Stätte der Verehrung. Der Babylonische
Talmud kennt diesen Felsen als "Shethiyah", den
"Gründungsstein". Die Verbindung dieses Felsens
mit dem Tempel war durch die Tradition gegeben,
daß auf diesem einst die Bundeslade gestanden
hatte: "Ein Stein lag immer dort [unter
der Lade] seit der Zeit der Frühen Propheten Diesem Felsen wird auch eine gewisse Bedeutung für die Zeit des zweiten Tempels zugewiesen: Damit wurde der Felsen in der talmudischen Tradition zum Ersatz für die verlorene Bundeslade in dem leeren Allerheiligsten des zweiten Tempels. Daß sich diese Tradition, und damit die Kenntnis von der Lage des Allerheiligsten des Tempels des Salomo fortsetzte, zeigt sich im Bericht des Itinerarium Burdigalense: Unter der Herrschaft des Oströmischen Kaisers Julian Apostata (361-363) sollte der jüdische Tempel wieder errichtet werden, doch wegen eines Erdbebens wurden die Bauarbeiten abgebrochen und nicht wieder aufgenommen. Die Tradition, die den Tempel Salomos über dem Heiligen Felsen lokalisierte, Seite 3 ging von den Juden zu den christlichen Vorstellungen von der biblischen Topographie Jerusalems über. Die einzige Veränderung, die diese Tradition durchmachte, war die Umwidmung des Tempels zur Wirkungsstätte Jesu, als die er im christlichen Bereich eine wesentlich größere Bedeutung gewann. Diese Umwidmung der Tempeltradition ist zeitlich nicht genau einzuordnen. In der Zeit des Itinerarium Burdigalense galt noch immer die christliche Auffassung, nach der der Tempel nicht wieder errichtet werden würde. Hatte doch Jesus prophezeit: Der Tempel galt für die Christen als
überwunden, denn der Leib eines jeden sollte ein
Tempel sein. [12] Daher
blieb die Stelle des Tempels "wüst und leer", bis
die Muslime sie wieder zu einer heiligen Stätte
machten. Als Johannes von Würzburg im Jahr 1165 den
Tempelplatz beschrieb, hatte sich die christliche
Tempeltradition schon manifestiert. Er kennt eine
ganze Reihe von Lokalitäten in und um den
Felsendom, die mit den neutestamentlichen Berichten in
Beziehung gesetzt wurden. Dem war die Umwidmung des
islamischen Bauwerks zu einer christlichen Kirche
vorausgegangen und der Bericht des Johannes von
Würzburg kann damit als Höhepunkt der
christlichen Legendenbildung um Felsendom und Heiligen
Felsen angesehen werden. Den Beginn dieser Legendenbildung verdeutlichen
die Berichte Saewulfs und die Kreuzzugschronik des
Fulcher von Chartres. Saewulf war im Jahr 1102, kurz nach der Eroberung der Stadt, in Jerusalem. Bei seiner Beschreibung der heiligen Stätten geht er auch auf das Templum Domini und den darin befindlichen Felsen ein. Er schreibt [13]: Seite 4 inuentus est sedens in medio doctorum audientem illos et interrogantem, sicut in evangelio legitur[17] . Inde postmodum eiecit boues et oues et columbas, dicens: 'Domus mea domus orationis uocabitur.' [18] ibi dixit iudeis; 'solvite templum hoc, et in triduo illud excitabo.' [19] Ibi adhuc apparent in rupe uestigia domini dum ipse abscondit se et exiuit templo, sicut in euangelio legitur, ne iudei in illum lapides iacerent quos tulerunt [20]. Illuc fuit mulier in adulterio dreprehensa coram ihesu adducta a iudeis ut inuenirent unde accusarent illum. [21]". In dieser ausführlichen Beschreibung
erwähnt der Autor alle wichtigen Begebenheiten,
die auch später mit dem Templum Domini oder dem
Heiligen Felsen in Verbindung gebracht werden. Zu
beobachten ist, daß er alle erwähnten
biblischen Berichte mit dem Felsen, nicht mit dem
Gebäude in Verbindung bringt. Er folgt damit den
jüdischen und islamischen Traditionen, die den
Felsen in den Mittelpunkt stellen. Dabei berichtet er
zunächst vom Tempel Salomos, wobei er die
talmudische Auffassung wiedergibt, die Bundeslade habe
auf dem Felsen gestanden. [22]
Die weiteren Nachrichten entnimmt Saewulf dem Neuen
Testament, wobei er Ereignisse, die an diversen
Plätzen des Areals des herodianischen Tempels zu
lokalisieren wären, auf den Felsen zusammenzieht.
Zum ersten Mal finden sich auch Hinweise auf Maria,
hier noch im engen Zusammenhang mit ihrem Sohn Jesus.
Ihm war offensichtlich bewußt, daß es sich beim dem vorgefundenen Bauwerk nicht um den Tempel handeln konnte, was die spätere Tradition aber immer ignorierte. Aus den Worten Fulchers geht deutlich hervor, daß zumindest ihm nicht viel an diesem Felsen selbst lag: Im Bericht des Fulcher rückt dieser Fels allerdings trotz seiner Unansehnlichkeit Seite 5 für den Chronisten in den Mittelpunkt seiner Betrachtungen. Zunächst verweist er auf die Legende, nach der in dem Felsen die Bundeslade zusammen mit den Gesetzestafeln des Mose und dem Gefäß mit Manna eingeschlossen sei: Dieser Bericht geht auf eine jüdische Legende zurück, die auf dem Babylonischen Talmud basiert, in dem an zwei Stellen davon berichtet wird, daß die Bundeslade unter König Josia im Inneren des Tempels versteckt wurde. Es heißt dort: Die Annahme, Josia habe den Auftrag gegeben, die Bundeslade im Inneren des Tempels zu verstecken, beruht auf dem offensichtlichen Widerspruch, der zwischen der Anweisung Josias, die Lade in den Tempel zu bringen [28], und allen biblischen Berichten, nach denen die Lade sich seit der Zeit Salomos im Tempel befand und nicht aus diesem entfernt worden war, besteht. [29] Eine weitere Tradition, die die Tempelgeräte des salomonischen Tempels im Inneren des Heiligen Felsens lokalisiert, ist in den jüdischen Legenden [30] und in der syrischen Baruchapokalypse überliefert. Nach der Baruchapokalypse erschienen bei der Eroberung Jerusalems fünf Engel von denen einer die heiligen Gegenstände an sich nahm und sie in der Erde versinken Seite 6 ließ. [31] Fulcher scheint dieser zweiten Tradition den Vorzug zu geben, gibt aber keine eindeutige Wertung ab. Auf die unter dem Felsen befindliche Höhle geht Fulcher nicht ein. Dieser Umstand erscheint verwunderlich, war er doch selbst am Templum Domini tätig. Noch ein weiteres Geschehen bindet Fulcher an den Felsen: David hatte, von seinem Gott dazu gereizt, eine
Volkszählung vornehmen lassen. [35] Unter drei Möglichkeiten
sollte David sich eine Strafe wählen. Er
wählte eine dreitägige Pest. Der Engel, der
die Pest verbreitete "war bei der Tenne Araunas, des
Jebusiters." [36] Und an
diesem Platz errichtete David einen Altar, wo
später der Tempel erbaut werden sollte. Seite 7 war. Dieser das Templum Domini "verunstaltende"
(deturpabat) Felsen war für ihn nur eine
"Landmarke", die den einstigen Standort des
salomonischen Tempels und dessen Allerheiligstem
anzeigte. [37] Warum
Saewulf und Fulcher weder die Höhle noch das Loch
im Felsen erwähnen, bleibt offen. Beide sahen den
Felsen ohne die Marmorverkleidung. [38] Es mag sein, daß diese
Nichterwähnung darauf beruht, daß beiden
Chronisten keine überlieferungen im Zusammenhang
mit dieser Höhle bekannt waren. Zum ersten Mal wird hier die Höhle unter dem
Heiligen Felsen in einer christlichen Chronik explizit
erwähnt. Allerdings hinterläßt der
Bericht die Frage, was es mit der erwähnten
Tür auf sich hatte. An keiner Stelle des Felsens
befindet sich eine solche Tür. Ob dem Chronisten
sich widersprechende Berichte zu Ohren kamen, die er
dann auf seine Weise, ohne einem der Berichte den
Vorzug zu geben, verarbeitet hat, ist nicht zu
entscheiden. Zu vermuten ist, daß es sich nicht
um eine Tür an dem Felsen handelte, sondern um
den Zugang zu einem Raum im Felsendom. [40] Ohne eigenen Augenschein
mußte Albert sich auf seine Gewährsleute
verlassen. Die Aufbewahrung heiliger Geräte im
Inneren des Felsens zeigt wiederum eine gewisse
Nähe zu den jüdischen überlieferungen.
Seite 8 des Bauwerks befanden sich zu seiner Zeit
zahlreiche Schrifttafeln, die auf Örtlichkeiten
hinwiesen, an denen in erster Linie neutestamentliche
Ereignisse lokalisiert wurden. Auch die Christen fanden am Heiligen Felsen eine
Fußspur, die sie der Tempelreinigung
zuschrieben. [43] Es mag
sein, daß es sich um die selbe "Fußspur"
handelte, die auch dem Propheten Mohammed
zugeschrieben wurde. [44]
Die Inschrift am Altarbild verkündet weiterhin,
daß dies der Ort der Darstellung Jesu im Tempel
sei [45], und daß
dort Jakob die Himmelsleiter sah und einen Altar
errichtete [46]. Seite 9 Die Höhle unter dem Felsen ist zur Krypta des Templum Domini geworden, in der zwei Ereignisse aus den Evangelien lokalisiert werden. Es sind dies die Episode von Jesus und der Ehebrecherin [52] und die Ankündigung der Geburt Johannes des Täufers [53], die auch Saewulf schon im Zusammenhang mit dem Felsen erwähnte, ohne sie aber in der Höhle zu lokalisieren. Aus den Berichten der Evangelien gibt es keinen Grund, diese beiden Episoden in der Höhle unter dem Heiligen Felsen zu lokalisieren, in beiden Fällen wird lediglich davon gesprochen, daß das jeweilige Vorkommnis im Tempel stattfand. [54] Es war demnach keine überlieferte Tradition, die zur Lokalisierung der berichteten Ereignisse an dieser Stellen führte, sondern die Entwicklung einer völlig neuen Tradition, die durch die angebrachten Schrifttafeln unterstützt werden sollte. Die Konzentration der Lokalisierung biblischer Ereignisse an einem Ort des Tempelplatzes mag ihren Ursprung aber auch in der Bemühung gehabt haben, mit dem Templum Domini ein Gegengewicht zur Grabeskirche aufzubauen und die Kirche für Pilger anziehend zu machen. [55] Wilhelm von Tyrus erwähnt Felsen und Höhle nur kurz: Wilhelm verbindet den Felsen nur mit der
Erscheinung des Engels, der das Volk Israel mit der
Pest schlug und der späteren Errichtung eines
Altars durch David. Die Existenz der Höhle
erwähnt er nur am Rande. Seite 10 ihr Versteck war, so war er für die Christen lediglich eine Merkzeichen für den Standort des Tempels ohne den Nimbus des Heiligen. Erst nach der Eroberung Jerusalems im Jahr 1099 durch die Kreuzfahrer wurden nach und nach neutestamentliche Episoden mit dem Felsen in Verbindung gebracht. Dabei trat schließlich der Felsen selbst immer mehr in den Hintergrund, bis die Traditionen weitgehend auf den Felsendom übertragen waren, der den Platz des Tempels einnahm. Der Heilige Felsen wurde nach der Mitte des 12. Jahrhunderts als solcher nicht mehr wahrgenommen, wie der Bericht des Johannes von Würzburg zeigt. Für die Muslime stand der Felsen im Mittelpunkt des Interesses, nicht das Gebäude des Felsendoms, was sich daran zeigt, daß sofort nach der Eroberung Jerusalems im Jahr 1187 die Marmorverkleidung entfernt wurde. Die Schwierigkeit, dem Templum Domini seine Rolle in der christlichen Topographie Jerusalems zuzuweisen, hing auch damit zusammen, daß die dem Heiligen Fels anhängenden jüdischen Traditionen auf die Grabeskirche übergegangen waren. [57] Es war also notwendig, neue Traditionslinien zu finden, die dem Felsendom zu einem ähnlichen Nimbus verhelfen konnten. Hier boten die Evangelienberichte von Jesu Taten im Tempel eine Fülle von Stoff [58] und auch die Marienlegenden konnten sich hier manifestieren. Dies hatte allerdings zur Folge, daß die ursprüngliche Tradition vom Ort des Allerheiligsten völlig unterdrückt wurde und der Tempel in die Reihe der anderen rein christlich-neutestamentlich geprägten Kultstätten in und um Jerusalem eintrat. Der Heilige Felsen hatte zwar zunächst als Kristallisationspunkt für die Legenden um den Tempel gedient und war damit der Ursprungsort auch aller christlichen Tempellegenden, mußte aber zugunsten des Felsendoms zurücktreten. Seite 11 Anklicken der Nummer führt zurück zum Text 1)Bernhard der Weise sprach
um 1090 zunächst vom "Templum Salomonis", Fetellus,
der um 1130 in der Heiligen Stadt war, nennt das Bauwerk
schließlich "Palatium Salomonis". Quellen und Literatur: Albert von Aachen, Geschichte des ersten
Kreuzzuges, übers. v. Herman Haefele, Jena 1923 |
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