Schiffe am Himmel

Sagen von fliegenden Schiffe und ihre Deutung

von Jörg Dendl
[Update: 07. November 2011]

Inhalt
Wenn Schiffe fliegen 17.05.2004
Fliegende Schiffe im Mittelalter 15.10.2005
Fliegende Schiffe in Großbritannien 04.10.2005
Luftschiffsagen aus Deutschland
1) Das Schiffsmodell in der Kirche von Rambin 15.10.2005
2) Das Luftschiff von Ankershagen 17.05.2004
3) Der Anker von Angermünde 15.10.2005
4) Das Luftschiff von Meesiger 15.10.2005
Die "Luftschiffwelle" in den USA 19.12.2006
Literatur
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Wenn Schiffe fliegen

Schiffe sind Wasserfahrzeuge, sie befahren Meere, schwimmen auf Seen, werden benutzt, um Flüsse zu überqueren, das scheint eine Binsenweisheit zu sein. Und doch kennen schon die ätesten Sagen Berichte von Schiffen, die durch die Luft fuhren. Weit bekannt ist das Sonnenboot der Alten Ägypter. Mit diesem befuhr täglich der Sonnengott Re den Himmel, während er in der Nacht auf dem Unterweltsfluß mit diesem nach Osten zurückkehrte.
Und auch die antike Literatur bemächtigte sich es Motivs vom wundersam fliegenden Schiff. So läßt Lukian ein Schiff bis zum Mond hinauf fliegen.
Und die Fliegenden Schiffe blieben in der Sagenwelt der europäischen Vöker auch in den Jahrhunderten des Mittelalters erhalten. Und so finden sich auch im Osten Deutschlands mehrere Zeugnisse für solche Sagen, die auffällige Parallelen zu Sagen aufweisen, die in Irland, Wales und England verbreitet waren. Diese Sagen sollen im folgenden vorgestellt und ihr historischer Hintergrund beleuchtet werden.

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1) Antike Berichte über fliegende Schiffe

[In Vorbereitung]

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2) Fliegende Schiffe im Mittelalter

Die ältesten aufgezeichneten Sagen über fliegende Schiffe stammen aus Irland, wo diese Erzählungen den bekannten Belegen nach in ihrem Kern sogar in die vorchristliche Zeit hinabreichen.

In der "Chronica Gaufredi" des Klosterpriors Geoffroi de Vigeois (1140-1184) wird berichtet, im Jahr 1122 sei über London ein Luftschiff erschienen:

2.3) Geoffroi de Vigeois, Chronica Gaufredi
"In Anglia wurde oben in der Luft ein Schiff gesehen, das ganz wie ein Schiff auf dem Meer dahinfuhr. Nachdem es mitten in der Stadt Anker geworfen hatte, wurde es von den Londoner Bürgern aufgehalten. Einer der Seeleute schickte sich an, den Anker zu lösen, aber von der Überzahl zurückgehalten, gab er, gleichsam ertränkt durch das Wasser, seinen Geist auf. Die klagenden Seeleute durchkreuzten nun, nachdem sie das Ankertau gekappt hatten, aufs neue die Luft."
Geoffroi de Vigeois, Chronica Gaufredi coenobitae XL (1122), in: Nova bibliotheca manuscripta, Philippe Labbé (Hg.), Paris 1657, lib. II, S. 299-300 (zit. n. Constance Ott-Koptschalijski, Fahren im Luftmeer, in: Fliegen und Schweben, Dieter R. Bauer/Wolfgang Behringer (Hg.), München 1997, S. 95


Die bekannteste Version dieser Geschichte ist die Sage vom Luftschiff von Cloena, die in der dänischen "Konungsskuggsjá" mitgeteilt wird:

2.1) Konungsskuggsjá
"Es ist da noch etwas, das wohl wunderbar erscheinen dürfte und sich in der Burg zutrug, die Cloena heißt. In dieser Burg ist eine Kirche, die dem Andenken des Heiligen geweiht ist, der Kiranus heißt. dort geschah es eines Sonntags, als das Volk in der Kirche war und die Messe hörte, daß von oben herab aus der Luft ein Anker herabsank, als wäre er aus einem Schiffe ausgeworfen, denn es war ein Tau daran. Die Spitze des Ankers hakte sich fest in dem Bogen über der Kirchentür und das ganze Volk ging hinaus aus der Kirche und wunderte sich und sah in die Luft hinauf dem Tau folgend. Sie sahen ein Schiff an dem Tau schwimmen und Männer darin. Dann sahen sie, wie ein Mann sich aus dem Schiffe über Bord schwang und hinunter nach dem Anker tauchte, um ihn freizumachen. Seine Haltung schien ihnen so zu sein in der Bewegung der Arme und Beine wie die eines Mannes, der in der See schwimmt. Und als er hinunter kam zum Anker, da versuchte er ihn freizumachen. Nun liefen die Leute gleich hinzu und wollten den Mann festhalten. Die Kirche, an der der Anker festsaß, ist mit einem Bischofssitz verbunden. Der Bischof war zugegen, als dies geschah, und verbot den Leuten, den Mann zu halten, denn der Bischof sagte, der Mann würde den Tod davon haben, wenn man ihn im Wasser festhielte. Und gleich, nachdem er frei war, da beeilte er sich, wieder hinauf zum Schiffe zu kommen, und sobald er oben angelangt war, da kappten sie das Tau, fuhren dann ihres Weges und verschwanden aus den Augen der Leute, aber der Anker hat seitdem zum Zeugnis in dieser Kirche gelegen."
Konungsskuggsjá, cap. 15 ( dt. n. Rudolf Meissner, Der Königsspiegel Konungsskuggsjá (dt.), Halle a.d.S.: Niemeyer 1944, , S. 77-78)

 
Die Ruine des Klosters Clonmacnoise (Photo: M. Fischbach)
Ruine des Klosters Clonmacnoise

Dieser Bericht wurde im 13. Jahrhundert niedergeschrieben, wobei davon auszugehen ist, daß er ursprünglich aus früherer Zeit stammt. Im Jahr 1211 legte Gervasius von Tilbury in seinem Werk "Otia imperialia" den folgenden Bericht nieder, der weitgehend mit der Geschichte in der Konungsskuggsjá übereinstimmt:

2.2.) Gervasius von Tilbury, Otia imperialia
"Es begab sich zum Beweis dafür, daß das obere Meer sich über uns befindet, in unseren Zeiten eine neuerlich verbreitete, aber dennoch wunderbare Sache. Als nämlich an einem Feiertag in Großbritannien das Volk nach der Messe die Kirche bei durch viele Wolken und dichtem Nebel getrübtem Wetter verließ, erschien ein Anker bei einem Grabstein, der in die Mauer des Umgangs eingefügt war, mit einem Tau, das in der Luft hinaufragte. Da staunte das Volk, dann berieten sie sich untereinander über diese seltsame Geschichte, und endlich schien sich der Anker zu bewegen, so als würde man sich anstrengen, den Anker herauszureißen. Als aber vieles nutzlos versucht worden war, hörte man eine Stimme in der dichten Luft wie das Rufen der angestrengten Seeleute beim Zurückziehen des ausgeworfenen Ankers. Ohne sinnloses Zögern in ihrer Arbeit, schickten die Seeleute hoffnungsvoll einen der ihren herab, der nach Kenntnis der Unsrigen an dem Tau hängend ... durch das Abwechseln der Hände herabstieg. Als er schon den Anker herausgerissen hatte, wurde er von den Umstehenden ergriffen und verstarb in den Händen derer, die ihn festhielten, so als hätte er auf dem Meer Schiffbruch erlitten und sei durch die Feuchtigkeit unserer Luft erstickt worden. Aber die oben befindlichen Seeleute durchschnitten nach einem Zeitraum von einer Stunde das Tau und segelten unter Zurücklassung des Ankers davon."
Gervasius von Tilbury, Otia imperialia, Lib. I, cap. XIIIl, in: Scriptores rerum Brunivicensium ... cura Godefridus Guilielmi Leibnitii, Hannover: Foerster 1707, S. 894; den Text übersetzte Annette Pohlke

Der Zusammenhang zwischen den Berichten der Konungsskuggsjá, des Geoffroi de Vigeois und des Gervasius von Tilbury ist unübersehbar. Anscheinend schöpften die Autoren aus einer gemeinsamen Quelle oder aber aus Sammlungen von alten Wundergeschichten, die gleichfalls diesen Bericht enthielten. Die markante Abweichung in den Wiedergaben, einmal entkommt der Matrose durch die Fürsprache des Bischofs, das andere Mal stirbt er in den Händen der Umstehenden, ist auffällig. Warum Gervasius und Geoffroi das Ende so schildern, kann nur vermutet werden. Die früheren Fassungen der Sage kennen den Tod des Luftschiffers nicht. Sollte diese Wendung des Geschehens von den christlichen Autoren eingeführt worden sein, so wohl um seine Meinung zu bestärken, das Schiff habe der Welt oberhalb der Lufthülle angehört.

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3) Spätere Berichte aus Großbritannien

1743 sah ein Farmer bei Holyhead, Anglesea, in einer Höhe von 500 m über sich ein Postschiff durch die Wolken segeln. Daß es sich nicht um eine Luftspiegelung gehandelt haben kann, zeigte der von unten sichtbare Kiel des Schiffes, das der Zeuge auf etwa 90 Tonnen schätzte.
[Flying Saucer Review, Mai/Juni 1971, zit. n. Michell/Rickard, 1982, S. 164]
In seinem Buch "Traditions and Hearthside Stories of West Cornwall" zeichnete W. Bottrell mehrere Berichte über Phantomschiffe auf, die über Land segelten.
1835 berichtete ein Mann dem Autor Robert Hunt, Verfasser von "Popular Romances of the West of England", er habe das auch von W. Bottrell beschriebene Phantomschiff von Porthcurno gesehen, wie es gegen den Wind und die Strömung in Parcurno einlief. Es kam oft in der Abenddämmerung und nahm seinen Weg über einen alten Wall hinweg nach Chapel-Curno, dann nahm es über Land seinen Kurs nach Chygwidden, wo es dann verschwand.
[Michell/Rickard, 1982, S. 166]


 
Stich des Phantomschiffs von Porthcurno
(aus: W. Bottrell, 1870)
Das Phantomschiff von Porthcurno (aus: W.
                        Bottrell, 1870)

 

Im Jahr 1913 erschien nach dem Tod von Lord Archibald Campbell eine Galeere mit drei Mann Besatzung, die über Loch Fyne bei Inveraray segelte. Das Schiff nahm schließlich seinen Kurs über Land hin zur dortigen St. Columban-Kapelle. Diese Erscheinung, die von Lord Halifax in seinem "Ghost Book" geschildert wird, soll beim Tod eines jeden führenden Campbell zu sehen sein. (Michell/Rickard, 1982, S. 164)

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4) Luftschiffsagen in Deutschland


4.1.) Das Schiffsmodell in der Kirche von Rambin

In der Kirche von Rambin befinden sich zwei Schiffsmodelle, das der Brigg "Christiana", das im Jahr 1824 von einem nicht mehr feststellbaren Spender angefertigt und der Kirche gestiftet wurde, und das Modell der Fregatte "Venus", das im Jahr 1830 in die Kirche gelangte und von dem Kapitän Michael Erdmann Sonntag angefertigt worden war. Mit dem Modell der "Venus", dem größeren der beiden, sind zwei Volkssagen verbunden, die von einem fliegenden Schiff berichten:

4.1.1.) Der Luftschiffer über Rambin

"Vor vielen, vielen Jahren sahen die Leute auf Rügen einmal einen Luftschiffer auf seinem Schiffe durch die Wolken fahren. Gerade über Rambin warf er das Senkblei herab, und als dasselbe die Erde berührte, ergriffen es die Dorfbewohner und banden eine Korngarbe daran. Als der Luftmann wieder in die Höhe zog und das Geschenk erblickte, erwies er sich den Rambinern dadurch erkenntlich, daß er ihnen ein Schiff verehrte, welches in der dortigen Pfarrkirche aufgehängt wurde und noch heute zu sehen ist." [Mündlich aus Rambin auf Rügen.]

[Ulrich Jahn, Volkssagen aus Pommern und Rügen, Stettin 1886, S. 43 (Nr. 56)]

4.1.2) Der Luftschiffer über Rambin

Vor langer, langer Zeit sahen die Bewohner der Insel Rügen einmal ein Luftschiffer auf seinem Schiffe durch die Wolken fahren. Über dem Dorfe Rambin warf er das Senkblei herab, um zu messen, wie hoch er über der Erde wäre. Als das Lot die Erde berührte, ergriffen es die Dorfbewohner und banden eine Korngarbe daran. Dann zog der Luftschiffer das Blei wieder in die Höhe, und als er das Geschenk erblickte, das die Leute ihm in die Wolken hinaufgesandt hatten, wollte er sich dafür dankbar erweisen und schenkte den Rambinern ein kleines Schiff; es wurde in der dortigen Pfarrkirche aufgehängt und ist daselbst noch heutigentags zu sehen.

[Oskar Ebermann, Sagen der Technik (Dürr´s Sammlung deutscher Sagen, N.R., Bd. 4), Leizig: Hegel & Schade 1930, S. 33-34 (Nr. 15) unter Verweis auf Ulrich Jahn, Volkssagen aus Pommern und Rügen, Stettin 1886.]

Wenn Ebermann auch angibt, die Sage nach Jahn zu zitieren, so hat er doch, wie durch die Unterstreichungen kenntlich gemacht, stark in den Text eingegriffen, und ihn um einige Passagen ergänzt, die bei Jahn nicht vorkommen. Insbesondere der letzte Satz ist vollständig abgeändert.

4.1.3) "Der Luftschiffer"
"Vor vielen Jahren sahen die Leute auf Rügen einmal einen Luftschiffer auf seinem Schiffe durch die Wolken fahren. Gerade über Rambin warf er das Senkblei herab, und als dasselbe die Erde berührte, ergriffen es die Dorfbewohner und banden eine Korngarbe daran. Als der Luftschiffer [das Senkblei] wieder in die Höhe zog und das Geschenk erblickte, erwies er sich den Rambinern dadurch erkenntlich, daß er ihnen ein Schiff verehrte, welches in der Kirche aufgehängt wurde und dort noch heute zu sehen ist."

[Steusloff, 1981, S. 129-130 unter Verweis auf Jahn, Volkssagen, Nr. 56, o.O. 1891, nach einer mündlichen Quelle in Bergen (sic!)]

Steusloffs Wiedergabe der Sage entspricht wesentlich mehr dem ursprünglichen Text bei Jahn, doch wird auch hier, wie bei Ebermann von einem Luftschiffer und nicht von einem "Luftmann" gesprochen. Es erscheint damit naheliegend, Steusloff zitiere nach Ebermann.

Eine stark abweichende Version dieser Sage zeichnete Alfred Haas auf:

4.1.4) "Vor vielen Jahren lebte ein alter erfahrener Seemann, der viele Meere befahren und fast aller Herren Länder kennengelernt hatte. Als er eines Tages wieder auf See war, zog die Sonne gerade Wasser an, und da sich sein Schiff im Bereiche ihrer Strahlen befand, wurde das Schiff mit in die Höhe gezogen. So kam der Schiffer in Gegenden, die ihm völlig unbekannt waren, und endlich beschloß er, vor Anker zu gehen. Er ließden Anker fallen, konnte aber keinen Grund finden; da ließ er eine zweite und bald eine dritte Kette ansetzen, ohne besseren Erfolg damit zu haben. Wärenddessen war das Schiff in die Gegend gerade über Rambin gekommen, und als die Bewohner, die eben mit der Ernte beschäftigt waren, den Anker aus der Luft daherkommen sahen, banden sie eine Korngarbe daran fest. Inzwischen ließ der Schiffer den Anker, da er keine Kette mehr anzusetzen hatte, wieder in die Höhe winden; als er aber der Korngarbe ansichtig wurde, gelobte er, an der Stelle ein Kloster zu gründen, wo ihm die Garbe aufgesteckt worden war. Das war nun in Rambin geschehen, und als der Schiffer später wieder an Land kam, erfüllte er sein Gelübde und baute das Rambiner Kloster.
Zum Andenken an diese Tat wird noch jetzt das Schiffsmodell in der Rambiner Kirche, welches dem einst in die Lüfte erhobenen Schiffe des Seemanns nachgebildet sein soll, aufbewahrt."

[Alfred Haas, Rügensche Sagen, 7. Auflage, Nr. 173, Stettin o.J. In der 2. Auflage von 1896 fehlt der Satz: "... welches dem einst in die Lüfte erhobenen Schiffe des Seemanns nachgebildet sein soll, ..." (zit. n. Steusloff, 1981, S. 130)]

4.1.5)"Vor vielen Jahren lebte ein [Schiffer, ein] alter, erfahrener Seemann, der viele Meere befahren und fast aller Herren Länder kennengelernt hatte. Als er eines Tages wieder auf See war, zog die Sonne gerade Wasser an, und da sich sein Schiff im Bereiche ihrer Strahlen befand, wurde dasselbe mit in die Höhe gezogen. So kam der Schiffer in Gegenden, die ihm gänzlich unbekannt waren, und endlich beschloß er, vor Anker zu gehen. Er ließ die Ankerkette fallen, konnte aber keinen Grund finden; da ließ er eine zweite und endlich eine dritte Kette ansetzen, ohne besseren Erfolg damit zu haben. Wärenddessen war das Schiff in die Gegend gerade über Rambin gekommen, und als die Bewohner, die eben mit der Ernte beschäftigt waren, den Schiffsanker herunterkommen sahen, banden sie eine Korngarbe daran fest. Inzwischen ließ der Schiffer den Anker, da er keine Kette mehr anzusetzen hatte, wieder in die Höhe winden; als er aber der Korngarbe ansichtig wurde, gelobte er, an der Stelle ein Kloster zu gründen, wo ihm dieselbe aufgesteckt worden war. Das war in Rambin geschehen, und als der Schiffer später wieder an Land kam, erfüllte er sein Gelübde und baute das Rambiner Kloster.
Zum Andenken an diese Tat wird noch jetzt [(um 1900)] ein Schiffsmodell in der Rambiner Kirche aufbewahrt."

[Gisela Burde-Schneidewind (Hg.), 'Das steinerne Weib' - Volkssagen aus fünf Jahrhunderten, Rostock: Hinstorff 1979, Nr. 92, S. 92-93, basierend auf Alfred Haas, Rügensche Sagen und Märchen, Stettin 1912, Nr. 149, S. 128f.]

Bisher lagen die zitierten Publikationen von Haas nicht zur Einsicht vor, so dass erst bei einer neuerlichen Überarbeitung dieser Wiedergaben der Originaltext berücksichtigt werden kann. Auch ist derzeit nicht bekannt, ob Haas diese Sagen nach einer mündlichen Mitteilung aufzeichnete, weshalb weitere Folgerungen hinsichtlich der Abhängigkeit zwischen der von Jahn mitgeteilten Sage noch nicht möglich sind.

Die Kirche von Rambin (Photo: Sven
                          Naether) Modell der Fregatte Venus
Die Kirche von Rambin (Photo: Sven Naether) Modell der Fregatte "Venus"

Hier in Rambin liegt bisher der einzige Fall einer Luftschiffsage vor, bei der alle Hintergründe bekannt sind. Die Sage steht in Verbindung mit einem Schiffsmodell, von dem das Jahr der Stiftung bekannt ist. Dabei ist es interessant, daß der Volksmund, wie die von Jahn nach einem mündlichen Bericht aufgezeichnete erste Version zeigt, die Herkunft des Schiffsmodells selbst dem "Luftschiffer" zuschrieb. Es waren lediglich 61 Jahre zwischen der Anbringung des Schiffsmodells in der Kirche und der Aufzeichnung der Sage vergangen, und schon hatte sich eine solche fantastische Geschichte etablieren können.
Die zweite Version, veröffentlicht 1896, also nur zehn Jahre nach der Publikation der ersten Fassung der Sage, malt die Geschichte des Luftschiffers wesentlich mehr aus. Hier wird nun nicht nur "erklärt", wie das Schiff in den Himmel kam, sondern dieses wundersame Ereignis wird auch noch mit der Gründung eines Klosters in Zusammenhang gebracht. Das Schiffsmodell ist nun nicht mehr ein Geschenk des Luftschiffers, sondern bildete nach dieser Sage sein Schiff nach. Es ist davon auszugehen, daß beide Versionen dieser Sage parallel in Umlauf waren, darüber hinaus aber auch noch die tatsächlichen Hintergründe der Stiftung des Modells der "Venus" bekannt waren.
Im Jahr 1926 hatte Alfred Haas in seinem Aufsatz "Votivschiffe in pommerschen Kirchen" (in: Pommersches Genossenschaftsblatt 24 (1926), S. 363-364) nach mündlichen Informationen berichtet, daß dieses Schiff von einem Seemann namens Sonntag angefertigt worden war, was sich erst bestätigte, als bei der späteren Restaurierung der Name "Sonntag" auf einem am Kiel des Modells klebenden Papierstreifen gefunden wurde. (Steusloff, 1981, S. 128)
Es bleibt zu dieser "Luftschiff"-Sage nur festzuhalten, daß sie weder in das Mittelalter hinabreicht, noch auf einer ungewöhnlichen Sichtung in Rambin beruht.

Die Geschichte von Rambin: Der auf slawische Ursprünge zurückgehende Ort Rambin auf der Insel Rügen wird als "Rabyn" zum ersten Mal im Jahr 1246 in einer Urkunde erwähnt. Im Jahr 1334 stiftete der Stralsunder Ratsherr Godeke (Gottfried) von Wickede das Hospiz St. Jürgen vor Rambin, damit dort Leprakranken geholfen werden konnte. [siehe die Homepage von Rambin] Das Krankenhospiz St. Georg war "... trotz der Angabe Steinbrücks (S. 123) nie ein Kloster, ... Da es später mit den aufgehobenen Klöstern in der Stadt unter der gemeinsamen Verwaltung des Rates stand, wurde es auch als Kloster bezeichnet, ..." [Hoogeweg, Bd. 2, 1925, S. 851] Damit steht fest, daß auch die "Klostergründung" aus der Sagenversion nach Haas keinen Rückhalt in den historischen Fakten hat.

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4.2.) Der Anker von Ankershagen

Mehrere Sagen berichten Wundersames davon, wie einst der Ort Ankershagen zu seinem Namen kam:

4.2.1) Wie der Name Ankershagen enstand

" Vor Zeiten lebte ein armer Schiffer, der seine Familie nur kümmerlich von dem geringen Ertrag seines Gewerbes ernährte. Die Zahl der Kinder nahm zu, sein Verdienst aber mehrte sich nicht. Aus Not schloß der Schiffer schließlich einen Pakt mit dem Teufel. Nun hatte er zwar vollauf zu leben, seine Seele jedoch war dem Bösen verschrieben.
Nach einiger Zeit war dem Schiffer der Vertrag schon wieder leid geworden, und er sah mit Zittern und Zagen der Stunge entgegen, in der ihn der Teufel holen wollte. Eines Tages war es soweit. Als der Schiffer aufs Meer hinausfuhr, brauste der Böse im Sturm daher, packte ihn mitsamt seinem Schifflein, blies ihn hoch bis in die Wolken und jagte fort mit ihm über Wäder und Felder. In seiner Herzensangst fiel der Schiffer auf die Knie und sandte ein Gebet nach dem anderen zum Himmel. Dann warf er als letzten Rettungsversuch seinen Anker aus. Und so unglaublich es klingen mag: Der Anker hakte sich im Lattenwerk eines Kirchendaches fest - andere behaupten, in den Ästen eines mächtigen Baumes.
Wie auch immer: Der Böse mochte toben wie er wollte, seine Macht über den Schiffer war gebrochen. Das Dorf, in dem sich dies ereignete, nannte man zur Erinnerung Ankershagen"

[nach: Walter Nachtigall/Dietmar Werner (Hgg.), Der schweigsame Fischer und andere Volkssagen um Stände und Berufe aus dem Mecklenburgischen, Berlin: Vlg. Die Wirtschaft 1988, S. 130-131]

4.2.2) Der Anker in der Linde

"Ein Fischer, der an einem See in der Nähe des heutigen Ankershagen lebte, verschrieb aus Not und Armut dem Teufel seine Seele, um damit sein Leben zu bessern. Schließlich nahte der Termin, an dem er dem Bösen verfallen sein sollte. Am Abend vor dem verhängnisvollen Tag band er sich an seinen Anker. Er hoffte, daß ihn der Teufel damit nicht fortschleppen könnte. Doch er täschte sich. Der Teufel trug ihn ohne Mühe mitsamt dem Anker durch die Lüfte davon. Plötzlich hemmte eine Linde den Flug, wobei sich der Anker in ihren Stamm verkrallte. So sehr sich der Teufel mühte, er konnte den Anker bis zum Morgengrauen nicht wieder lösen. Da war der Fischer gerettet. Die Linde steht noch heute im Pastorsgarten zu Ankershagen. Sie ist wohl die älteste und dickste in Mecklenburg. Sogar das Loch, das der Anker schlug, ist gut zu erkennen.
Zum Andenken an die Begebenheit ließ man einen Anker an der Kirchentür anbringen. Der Name des Dorfes soll auch darauf zurückgehen."

[nach: Walter Nachtigall/Dietmar Werner (Hgg.), Der schweigsame Fischer und andere Volkssagen um Stände und Berufe aus dem Mecklenburgischen, Berlin: Vlg. Die Wirtschaft 1988, S. 105-106]

Die Geschichte von Ankershagen: In einer am 1. Mai 1266 ausgestellten Urkunde, die zur Weihung der am Ort befindlichen Kirche ausgestellt wurde, findet sich der früheste Beleg für den Ortsnamen Ankershagen. Der Name des Ortes enthält "hag" für "Wald", ein Hinweis darauf, daß für die Anlage des Dorfes Wald gerodet wurde. (Und nicht ein "Anker" Pate stand!) Im Jahr 1170 hatte der Herzog von Pommern das Land um die Havelquelle dem Bistum Havelberg geschenkt. Noch im 12. Jahrhundert wurde die romanische Kirche von Ankershagen errichtet, deren Erneuerung im gotischen Stil im 13. Jahrhundert nicht zum Verlust der romanischen Bausubstanz führte. [siehe die Homepage Ankershagen.de]

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4.3.) Der Anker von Angermünde

 
Das Luftschiff von Angermünde
Modell des Luftschiffs von
                            Angermünde (J. Dendl 2001)

Auch von der Sage um den Anker von Angermünde gibt es verschiedene aufgezeichnete Versionen.

4.3.1) Innerhalb der Sage "Das erkaufte Gewitter" findet sich folgende Fassung der Sage:

"Das sind schon ein paar hundert Jahre her, so erzählen sich die Leute, als eines Sommers Prenzlau seit langem keinen Regen mehr gehabt hatte. Die Hitze war unausstehlich, kein Gewitter kühlte den Tag ab und spendete kein Naß der Erde. Da beschlossen die Prenzlauer, weil sie gehört hatten, in Angermünde gäbe es Gewitter zu kaufen, einen Boten hinzusenden, der für Geld und gute Worte ein Kalit voll Gewitter kaufen sollte.
Angermünde ist auch wirklich die rechte Stadt, um Gewitter zu kaufen. Sie hat sogar wegen eines Gewitters ihren Namen bekommen. Einstmals, so berichtet die Sage, wollte tagelang ein Gewitter über Angermünde nicht weichen. Da gingen die Stadträte auf den Kirchturm, um nachzusehen, ob sich dort vielleicht das Unwetter verankert habe. Und richtig! Ein Anker an einer unabsehbaren Kette hatte sich oben festgehakt. Mit Mühe schlug man die Kette entzwei, die, sobald sie los war, ins Endlose verschwand. Der Anker blieb zurück, und er soll noch jetzt irgendwo zu sehen sein. Dann nannte man nach dieser Begebenheit die Stadt Angermünde."

[Reinhard Heuer/Bernhard Mätzke, Die Uckermark - ein Heimatbuch, Prenzlau: Mieck 1926, S. 488-489]

Diese Wiedergabe der Sage vom "Luftschiff von Angermünde" ist bisher die älteste mir bekannte schriftlich aufgezeichnete Version dieser Sage. Aus der zitierten Veröffentlichung geht nicht hervor, auf welche Quellen sich die Autoren stützten oder ob sie die Sage aus mündlicher Tradition kennenlernten.

4.3.2) Die zweite Version erscheint aus der Sage vom erkauften Gewitter herausgelöst zu sein, zu groß sind die Übereinstimmungen:

"In der Kirche zu Angermünde ist ein Anker aufgehängt, von dem erzählt wird, dass er der Stadt den Namen gegeben hat.
Es geschah einst vor vielen hundert Jahren, daß über der Stadt, die nun Angermünde heißt, ein schweres Gewitter tagelang stand und nicht wanken und weichen wollte. Endlich kam den Bürgern die Sache doch zu sonderbar vor, und so schickte denn der Rat der Stadt den Türmer auf den Kirchturm hinauf, damit er einmal nachsehe, ob das Gewitter sich vielleicht an der Kirchturmspitze festgehakt hätte und darum nicht weiterziehen könne.
Brummend machte der sich daran, die vielen Treppen des Turmes zu ersteigen und räsonierte vor sich hin über den närrischen Auftrag, den der Rat erteilt hatte. Wer beschreibt aber des Mannes Erstaunen, als er im Schalloch einen Anker hängen sah, von dem aus eine schwere eiserne Kette in die Wolken zu einem Schiff hinaufging. Eilends brachte er dem Rat die seltene Kunde. Der rief den Schmied, der mit einem scharfen Beile die Kette kappen mußte. Und von Stund an verzog sich das Gewitter in eine andere Gegend.
Den Anker aber hing man zum ewigen Gedächtnis in der Kirche auf, und nach ihm hat die Stadt ihren jetzigen Namen Angermünde erhalten."

[Wilhelm Jung, Märkische Sagen, Berlin o.J., S. 26-27]

4.3.3) Die dritte Version entspricht bis in einzelne Formulierungen hinein der zweiten Version, hängt mit dieser also fraglos direkt zusammen:

"Alte Leute erzählen, daß einst vor vielen hundert Jahren über der Stadt, die heute Angermünde heißt, ein schweres Gewitter tagelang stand und nicht weichen wollte. Endlich kam die Sache den Leuten doch sonderbar vor und der Rat schickte denTürmer auf den Kirchturm hinauf, damit er nachsehe, ob das Gewitter vielleicht an der Kirchturmspitze sich festgehalten hätte und darum nicht weiterziehen könne. Wer beschreibt nun des Mannes Erstaunen, als er im Schalloch einen Anker sitzen sieht, von dem aus eine schwere Kette in die Wolken zu einem Schiff hinauf ging. Schnell wurde nun die Kette mit einem scharfen Beile gekappt und von Stund an verzog sich das Gewitter in eine andere Gegend.
Der Anker ist zum ewigen Gedenken in der Kirche aufgehängt worden und nach ihm hat die Stadt ihren jetzigen Namen Angermünde erhalten."

[Gerhart Hänsel, Sagensammlung des Kreises Angermünde, Kummerow 1975]

Die Kirche von Angermünde
Die Kirche von Angermünde (Photo:
                            J. Dendl)

Beim Vergleich der drei Versionen der Sage ist fraglos der ältesten bisher aufgefundenen der Vorzug zu geben. Es ist dabei zu bemerken, daß der Anker nach dieser ältesten Version der Sage nicht etwa in der Kirche, sondern an einem anderen Ort aufbewahrt worden sein soll.

Die Geschichte von Angermünde: Der Ort wurde um 1230 von den Askaniern gegründet, doch findet sich der Ortsnamen erst in einer Urkunde von 1286, mit der Stolpe das Angermünder Stadtrecht erhielt. Die Kirche St. Marien ist ein dreischiffiger gotischer Backsteinbau aus dem 13. Jahrhundert. Die Hl. Geist-Kapelle wurde in der Mitte des 14. Jahrhunderts errichtet.
Der Ort liegt südlich des Mündesee. Den Namen "Angermünde" trug der Ort allerdings seit seiner Gründung nach der Stadt Tangermünde in der Altmark, weshalb er in einzelnen Quellen auch als "Neu-Angermünde" erscheint, was anzeigt, dass zu dieser Zeit noch an eine Verwechslung mit Tangermünde zu denken war. [Sophie Wauer, Die Ortsnamen der Uckermark (Brandenburgisches Namenbuch, Teil 9), Weimar: Böhlau 1996, S. 56] Die in der Sage gelieferte Ableitung des Namenteils "Anger" von "Anker" ist also unrichtig.

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Der Anker von Meesiger

In einem ungeklärten Zusammenhang mit der aus Angermünde in Brandenburg bekannten Sage steht eine inhaltlich weitgehend gleichlautende Sage aus dem Dorf Meesiger in Pommern.

4.4.1.)"Der Anker in der Kirche zu Angermünde"

"In Meesiger, im Kreise Demmin, erzählen die Leute, daß einst vor vielen hundert Jahren über der Stadt, welche jetzt Angermünde heißt, ein schweres Gewitter tagelang stand und nicht weichen wollte. Endlich kam die Sache den Leuten doch zu sonderbar vor, und der Rat schickte den Türmer auf den Kirchturm hinauf, damit er nachsehe, ob das Gewitter vielleicht an der Kirchturmspitze sich festgehakt hätte und darum nicht weiter ziehen könne.
Wer beschreibt nun des Mannes Erstaunen, als er im Schallloch einen Anker sitzen sah, von dem aus eine schwere, eiserne Kette in die Wolken zu einem Schiffe hinaufging. Allerdings hat man dies Schiff nicht sehen können, aber was sollte es anders gewesen sein. Schnell wurde nun die Kette mit einem scharfen Beile gekappt, und von Stund an verzog sich das Gewitter in eine andere Gegend.
Der Anker ist zum ewigen Gedächtnis in der Kirche aufgehängt worden, und nach ihm hat die Stadt ihren jetzigen Namen Angermünde erhalten."
(Mündlich aus Meesiger, Kreis Demmin.)

[Ulrich Jahn, Volkssagen aus Pommern und Rügen, Stettin 1886, S. 44 (Nr. 57)]
Mit dieser im Jahr 1886 publizierten Version der Luftschiffer-Sage ist auch die älteste bisher bekannte Fassung festgehalten.

4.4.2.Das Luftschiff über Angermünde

"Im Kreise Demmin lag früher die Stadt Meesiger. Vor vielen hundert Jahren zog einst ein schweres Gewitter über diese Stadt, stand daselbst viele Tage lang und wollte nicht weiterziehen. Endlich kam den Einwohnern die Sache doch zu seltsam vor, und der Rat schickte den Türmer auf den Kirchturm hinauf, um nachzusehen, ob das Wetter sich vielleicht an den Kirchturmspitze festgehakt hätte und deshalb nicht weiterziehen könnte. Unwillig machte sich der Mann auf den scheinbar unnützen Weg und klomm mühsam die vielen Treppen zu dem Glockstuhl empor. Aber wer beschreibt sein Erstaunen, als er in einem Schalloch einen großen Anker vorfand, von dem aus eine schwere Kette zu einem Schiffe in die Wolken hinaufreichte. Man hat allerdings das Schiff nicht genau erkennen können, aber wohin sollte sonst die Kette geführt haben. Schnell wurden nun Handwerker herbeigeholt, die mit scharfen Beilen die Kette kappten, und sofort zog das Gewitter nach einer anderen Gegend ab.
Der Anker wurde zum Andenken an das seltsame Ereignis in der Kirche aufgehängt, und nach ihm hat die Stadt ihren jetzigen Namen Angermünde erhalten."

[Oskar Ebermann, Sagen der Technik (Dürr´s Sammlung deutscher Sagen, N.R., Bd. 4), Leipzig: Hegel und Schade 1930, S. 33. Dabei verweist Ebermann auf Ulrich Jahn, Volkssagen aus Pommern und Rügen, Stettin 1886, als Quelle für seine Wiedergabe der Sage. In der 3. Auflage von 1943 (S. 69-70) weichen die Formulierungen an drei Stellen ab: "... [...] Unwillig machte sich der Mann auf den scheinbar unnützen Weg zu dem Glockenstuhl empor.Aber wer beschreibt sein Erstaunen, als er in einem Schalloch einen großen Anker vorfand, von dem aus eine schwere eiserne Kette zu einem Schiffe in die Wolken hinaufreichte. [...] Der Anker wurde zum Andenken an das seltsame Ereignis in der Stadt aufgehängt, und nach ihm hat sie ihren jetzigen Namen Angermünde erhalten." (Oskar Ebermann, Sagen der Technik (Dürrs Sammlung deutscher Sagen, Bd. 30), Leipzig: Hegel & Schade 3. Auflage 1943, S. 69-70).]

Ebermann gibt, wie schon bei der Sage über das Luftschiff von Rambin die Sagensammlung von Jahn als Quelle an, änderte aber auch hier wieder den Text stark ab.

Die Geschichte von Meesiger: Der Ort Meesiger, was auf das slawische "Mesyggorje" (ein zwischen zwei Höhen liegender Ort) zurückgeht, wird erstmals 1230  als "Mesegorre" erwähnt. Mit einer Urkunde vom 21. März 1255 schenkte Herzog Wartislaw III. von Pommern-Demmin (1210-17.5.1264) das Dorf dem Kloster Verchen.
Der Ort Meesiger trägt bis heute diesen Namen und es konnte keine (auch zeitweilige) Namensänderung festgestellt werden. .
Nach dem 30jährigen Krieg wurde die spätgotische Kirche des Ortes ursprünglich als vorläufige Wehrkirche errichtet, die bis heute überdauert hat. Der Ostgiebel ist in Fachwerk errichtet. Vermutlich am Ende des 15. Jahrhunderts wurde der Turm aus Feld- und Backsteinen errichtet.

Bei einem Vergleich dieser Version der Sage mit der Wiedergabe der Sage von Angermünde durch Heuer/Mätzke zeigen sich große Übereinstimmungen.

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5.) Die amerikanische "Luftschiff-Welle"

Im November 1896 begann in den USA das, was später als die "Luftschiff-Welle" in die Geschichte der paranormalen Phänomene eingehen sollte. Am 17. November 1896 wurde über Sacramento (Calif.) zum ersten Mal ein "Luftschiff" gesehen. Hunderte von Personen waren Zeugen des langsamen Überflugs dieses Objektes über der Stadt. Weitere Sichtungen folgten am 22. November erneut in Sacramento, aber auch in San Francisco. Nach einer Pause wurde das Luftschiff am 2. Februar 1897 in Hastings (Nebraska), dann am 5. Februar in Invale gesehen. Am 16. Februar wurde es in Omaha schließlich sogar gelandet gesehen. [Blackjax]
Dann erschien am 7. März 1897 in der Salt Lake Tribune ein Artikel mit dem Titel "Ein Meer über den Wolken - ein einst in England vorherrschender ungewöhnlicher Aberglaube". Darin wurde von dem Glauben an "Wolkenschiffe" berichtet. (Michell/Rickard, 1982, S. 170) Und so ist zu erwarten, dass die in den nächsten Monaten folgenden Zeitungsberichte über "aktuelle" Luftschiffsichtungen mehr von den Einzelheiten in diesem Artikel, als durch wahres Erleben inspiriert waren. So wurde in diesem Artikel auch die hier schon besprochene Mitteilung über das Erscheinen eines Ankers in den Otia imperialia berichtet:


Ein Meer über den Wolken

Ein einst in England verbreiteter außergewöhnli­cher Aberglaube

Die folgende Geschichte, erzählt von einem alten englischen Autor, illustriert den seltsamen Aberglau­ben, es gäbe einen Ozean über den Wolken: „Eines Sonntags, einem trüben, wolkigen Tag, kamen die Einwohner eines gewissen Dorfes aus der Kirche, als sie sahen, dass ein Schiffsanker an einem der Grabsteine angehakt war – das Ankertau, das straff gespannt war, hing aus der Luft herab. Die Leute waren erstaunt und während sie darüber berat­schlagten, sahen sie plötzlich, wie sich das Seil be­wegte, als wenn jemand sich abmühte, den Anker hinauf zu ziehen, und ein großes Geschrei wie das

Rufen von Seeleuten wurde im Himmel gehört. Als­bald wurde ein Seemann gesehen, der das Ankertau hinabglitt, um den Anker zu lösen. Als er ihn gerade gelöst hatte, ergriffen ihn die Dorfbewohner und in ihren Händen starb er schnell, gerade so als ob er er­tränkt worden wäre. Etwa eine Stunde später, als die Seeleute oben nicht mehr von ihrem Kameraden hörten, durchschnitten sie das Ankertau und segel­ten davon. In Erinnerung an dieses außergewöhnli­che Ereignis machten die Einwohner des Dorfes aus dem Eisen des Ankers die Türangeln der Kirchentü­ren.“ Im Weiteren wird festgehalten, dass diese Türangeln „noch immer hier zu sehen sind,“ ein Be­weisstück sehr ähnlich Münchhausens Seil an dem er einst zum Mond hinaufkletterte. Wenn Du die Geschichte bezweifelst, wirst du mit dem Seil kon­frontiert.
Da gibt es noch eine andere wunderliche Erzählung über diesen luftigen Ozean. „Ein Händler aus Bris­tol,“ so wird erzählt, „segelte mit seiner Fracht nach Irland. Nach einiger Zeit, während seine Familie beim Abendessen saß, fiel plötzlich ein Messer durch ein Fenster auf den Tisch. Als der Händler zu­rück kam und das Messer sah, behauptete er, es ge­höre ihm und sagte, an jenem Tag zu jener Stunde, während er in einem unbekannten Teil des Meeres segelte, sei ihm das Messer über Bord gefallen. Und es stellte sich heraus, dass der Tag und die Stunde exakte die Zeit waren, als es durch das Fenster fiel.“ All dies wurde einst von vielen blind geglaubt und als unwandelbarer Beweis für ein Meer über dem Himmel angesehen. Man ist außerstande, Vermutun­gen darüber anzustellen, wie dieser „unbekannte Teil des Meeres“ mit dem Rest verbunden ist. Eine physische Geographie, die dies zeigt, wäre keine ge­ringe Kuriosität.
[Daily Tribune, Salt Lake City, 7. März 1897, S. 15; dt. v. J. Dendl] (englische Version)

Schon bald folgten Zeitungsberichte, wonach in der aktuellen "Luftschiffwelle" ebenfalls Anker von den Luftschiffen herabhingen. So behauptete der in Iowa lebende Farmer Robert Hibbart, er habe in der Nacht des 26. März 1897 nicht nur ein Luftschiff gesehen, sondern von diesem habe an einem Seil ein Anker herabgehangen. Dieser Anker habe sich in seinen Kleidern verfangen, wodurch er mehrere Meter in die Luft gehoben worden sei, bevor er auf die Erde zurückfiel.
Am 19. April 1897 meldete die Dallas Morning News den Absturz eines Luftschiffes bei Aurora, Texas. Es heißt in diesem Bericht, der gefundene tote Pilot sei "kein Bewohner dieser Welt" gewesen. Das Grab des Toten war lange Zeit noch auf dem Friedhof der Stadt vorhanden.
Am 28. April 1897 hieß es in der Houston Daily, bei dem Ort Merkal in Texas habe sich der Anker eines in der Luft schwebenden Schiffes an einem Bahnübergag an einem Gleis verfangen. Am Ankertau stieg ein Mann herab, der einen hellblauen Matrosenanzug trug und von kleiner Gestalt war. Bevor die Beobachter ihn erreichten, kappte er unter sich das Seil und das Schiff segelte in Richtung Nordosten davon. Der zurückgelassene Anker wurde, so der Zeitungsbericht, in der Schmiede von Elliott & Miller ausgestellt. (Michell/Rickard, 1982, S. 168-169) Die Ähnlichkeit dieses Berichts mit der Geschichte vom Anker in der Kirchentür aus den Otia imperialia ist wohl durch den einige Wochen früher publizierten Artikel in der Salt Lake Tribune besser zu erklären, als durch eine Wiederholung des Ereignisses nach einigen Hundert Jahren.

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Literatur

Hoogeweg, H., Die Stifter und Klöster der Provinz Pommern, Bd. 2, Stettin 1925
Michell, J./Rickard, R.J.M., Die Welt steckt voller Wunder, Rastatt: Moewig 1982
Steusloff, Wolfgang, Votivschiffe - Schiffsmodelle in Kirchen zwischen Wismarbucht und Oderhaff, Rostock: Hinstorff 1981

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