Was seit dem Jahr 1944 als das bestgehütete
Geheimnis des Vatikans galt, ist seit dem 26. Juni
2000 keines mehr. In der Ausgabe des deutschsprachigen
"Osservatore Romano" vom 30. Juni 2000 wurde auf den
Seiten 13-18 unter dem Titel Die Botschaft von
Fatima das langgehütete Geheimnis
offengelegt. Dieser Publikation folgte ein von der
"Kongregation für die Glaubenslehre"
herausgegebene Broschüre mit dem Titel "Die
Botschaft von Fatima", Vatikanstadt 2000, die die
Texte der drei Botschaften im Faksimile enthält.
Auch im Internet ist das gesamte Material in den
Sprachen Deutsch, Französisch,
Englisch, Portugiesisch, Italienisch
und Spanisch abrufbar.
Darin legt der Heilige Stuhl offen, was die
zehnjährige Lucia dos Santos am 13. Juli 1917 in
einer Vision sah. Die Seherin starb
am 13. Februar 2005 im Alter von 97 Jahren. Sie hatte
damit die beiden anderen Seherkinder, Jacinta und
Francisco Marto, die schon 1919und 1920 gestorben
waren, lange überlebt.
Von den drei Visionen, die Lucia sah, hatte sie die
beiden ersten schon am 31. August 1941
niedergeschrieben und diese waren auch alsbald in der
Öffentlichkeit bekannt geworden. Die dritte
Vision wurde von ihr erst im Jahr 1944 schriftlich
niedergelegt. Von einer Publikation dieser Botschaft
sah man aber ab, obwohl Lucia schon bald von einer
Veröffentlichung im Jahr 1960 sprach. Die Folgen
sind bekannt: Die Bedeutung der sogenannten "Dritten
Botschaft von Fatima" war über die Jahrzehnte
hinweg durch nicht abreißenwollende
Spekulationen von Laien und Kirchenleuten,
Journalisten, Schriftstellern und Theologen immer mehr
gesteigert worden. Schließlich sprach man nur
noch von dem "Dritten Geheimnis von Fatima".
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[Zunächst werden hier kurz die Ereignisse
geschildert, die auf den Tag hinführten, an dem
Lucia dos Santos die drei Botschaften von einer
himmlischen Erscheinung erfuhr. Der folgende knappe
Überblick orientiert sich an der Darstellung in dem
Buch von Casimir Barthas "Die Kinder von Fatima"
(Freiburg i.Br. 1993).]
Die Geschichte der drei Botschaften von Fatima
begann im Frühjahr des Jahres 1916. Drei Kinder,
Lucia dos Santos, geboren am 22. März
1907, Francisco Martos, geboren am 11. Juni
1908, und seine Schwester, die am 10. März 1910
geborene Jacinta Martos, hüteten am
Fuß des Hügels von Cabeco die Schafe ihrer
beiden Familien. An einem Tag, an den sich später
Lucia nicht mehr erinnerte, es soll im Mai oder Anfang
Juni gewesen sein, flüchteten sich die drei
Kinder vor einem Regenschauer in eine kleine Grotte.
Als sie nach der Einnahme ihres Mittagessens und dem
Rosenkranzgebet wieder den natürlichen Schutz
verliessen, sahen sie ein "Licht, weißer als der
Schnee, und glich einer menschlichen Gestalt,
glänzender als Kristall, durch den die
Sonnenstrahlen scheinen.", schreibt Barthas (1993, S.
45). Diese Lichtgestalt betete mit den Kindern und
forderte sie dann auf, das gemeinsam gesprochene Gebet
weiter zu wiederholen. Damit war diese erste
Erscheinung beendet. Erst zwei Monate später,
Ende Juli oder Anfang August, erschien der Engel
wieder. Er forderte die Kinder wieder zum Gebet auf,
sich selbst als den Schutzengel Portugals
präsentierend. Infolge dieser zweiten
Aufforderung zu Opfer und Gebet verbrachten die Kinder
von nun an viele Stunden im Gebet. Ein drittes Mal
erscheint der Engel wiederum drei Monate später,
erneut an der Grotte. Nun erteilte er den Kindern die
Heilige Kommunion. Während er Francisco und
Jacinta den Kelch reichte, erhielt Lucia die Hostie,
die zuvor über dem Kelch geschwebt und geblutet
hatte. Wieder folgten stundenlange Gebete, bevor die
Kinder nach Hause zurückkehrten. Der Engel hatte
sie angewiesen, über die Geschehnisse
Stillschweigen zu bewahren.
Am Sonntag, dem 13. Mai 1917 kam es dann in
der "Cova da Iria" zur ersten Begegnung mit einer
Frauengestalt. Zunächst machte ein Blitz die
Kinder aufmerksam, die erst befürchteten, von
einem Gewitter überrascht zu werden. Schon auf
dem Weg zum Dorf blitzte es ein zweites Mal und
über einer Steineiche in der Mulde erschien zum
ersten Mal eine Frauengestalt. (Barthas, 1993, S. 53)
Diese sagte, sie wolle den Kindern im Oktober
mitteilen, wer sie sei und was sie wolle.
Schließlich erklärten sich die Kinder
bereit, alles auf sich zu nehmen, was an Leid auf sie
zukommen würde. Daraufhin öffnete die
Gestalt ihre Hände und die Kinder wurden in ein
strahlendes Licht getaucht.
Die Erscheinung verschwand, indem sie in Richtung
Osten davonschwebte. Die Kinder beschlossen
untereinander, ihre Begegnung für sich zu
behalten. Doch die kleine Jacinta erzählte davon.
Als das Gerücht sich in den Dörfern der
Umgebung verbreitete, kam es zu einer Spaltung unter
den Einwohnern. Einzelne glaubten den Kindern, was sie
erzählten, andere bezichtigten sie der Lüge.
So hatte sich am 13. Juni 1917 die Nachricht
von den Erscheinungen der drei Kinder schon weit
verbreitet. Sechzig Zeugen weilten an diesem Tag in
der Nähe, als die Kinder erneut über der
Steineiche die Frauengestalt wahrnahmen. Sie selbst
gaben zu Protokoll, die Gestalt nicht gesehen zu
haben, doch sprach eine der Zeugen, Maria dos
Santos Carreira sie haben "... eine ganz zarte
Stimme; die Worte konnten wir nicht verstehen; es war
wie das Summen einer Biene." (Barthas,1993, S. 73)
Diesmal sagte die Erscheinung zu Lucia, sie werde
Jacinta und Francisco "... bald holen, Du aber
mußt noch einige Zeit hier unten bleiben. Jesus
will sich deiner bedienen, damit man mich kennen und
lieben lernt.". (zit. n. Barthas, 1993, S. 74)
Wieder einen Monat später, am 13. Juli 1917,
kam es zu der Erscheinung, bei der die berühmten
"Drei Botschaften von Fatima" an Lucia dos Santos
ergingen. Sie war während der Erscheinungen immer
das einzige der Kinder geblieben, das nicht nur die
Gestalt sehen konnte, sondern auch hörte, was
diese sagte und auch antworten konnte. Jacinta
hörte die Erscheinung sprechen, Francisco sah sie
nur. Diesmal waren es schon vier- bis fünftausend
Menschen, die dem Ereignis beiwohnen wollten und die
somit Zeugen der Geschehnisse wurden. Von einem
grellen Lichtblitz begleitet erschien die
Frauengestalt erneut vor den Kindern. Sie
kündigte nun für den Oktober an, ihre
Identität preiszugeben und sie würde "...
ein Wunder wirken, das jedermann sehen wird, damit man
euch glaubt." (Barthas, 1993, S. 87) Daraufhin teilte
sie Lucia die drei Botschaften mit, die seit den
vierziger Jahren so großes Aufsehen
verursachten. Den Mädchen schärfte die
Gestalt ein, diese Botschaften zunächst für
sich zu behalten, nur Francisco, dürften sie den
Inhalt mitteilen. (Barthas, 1993, S. 91)
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Die Erste und Zweite Botschaft
In ihrer sogenannten "Dritten Erinnerung", mit
deren Niederschrift sie Ende Juli 1941 begann und die
sie am 31. August 1941 abschloß (Kondor,
1996, S. 109), legte Lucia dos Santos die beiden
ersten Teile der Botschaft nieder, die ihr die
Erscheinung am 13. Juli 1917 (Barthas, 1993, S. 85)
mitgeteilt hatte. Auf Befehl Papst Pius XII. wurden
das Erste und Zweite Geheimnis am 13. Mai 1942,
am 25. Jahrestag der 1. Erscheinung,
veröffentlicht. (Höcht, 1959, S. 103 und S.
431; Kondor, 1996, S. 111-124) Neben der "Dritten
Botschaft" wurde am 26. Juni 2000 auch der
Text der beiden ersten Botschaften zusammen mit einem
Faksimile der Niederschrift publiziert. (Osservatore
Romano, 30. Juni 2000, S. 14; Il Messagio di Fatima,
26-27 Juni 2000, S. 13-16)
Darin heißt es:
"Das
Geheimnis besteht aus drei verschiedenen
Teilen, von denen ich zwei jetzt offenbaren
will. Der erste Teil war die Vision der
Hölle.
Unsere Liebe Frau zeigte
uns ein großes Feuermeer, das in der
Tiefe der Erde zu sein schien. Eingetaucht
in dieses Feuer sahen wir die Teufel und
die Seelen als seien es durchsichtige
schwarze oder braune, glühende Kohlen
in menschlicher Gestalt. Sie trieben im
Feuer dahin, emporgeworfen von den
Flammen, die aus ihnen selber zusammen mit
Rauchwolken hervorbrachen. Sie fielen nach
allen Richtungen, wie Funken bei
gewaltigen Bränden, ohne Schwere und
Gleichgewicht, unter Schmerzensgeheul und
Verzweiflungsschreien, die einen vor
Entsetzen erbeben und erstarren
ließen. Die Teufel waren gezeichnet
durch eine schreckliche und grauenvolle
Gestalt von scheußlichen,
unbekannten Tieren, aber auch sie waren
durchsichtig und schwarz.
Diese Vision dauerte nur einen Augenblick.
Dank sei unserer himmlischen Mutter, die
uns vorher versprochen hatte, uns in den
Himmel zu führen [in der ersten
Erscheinung]. Wäre das nicht so
gewesen, dann glaube ich, wären wir
vor Schrecken und Entsetzen gestorben. Wir
erhoben den Blick zu Unserer Lieben Frau,
die voll Güte und Traurigkeit sprach:
- Ihr habt die Hölle gesehen, wohin
die Seelen der armen Sünder kommen.
Um sie zu retten, will Gott in der Welt
die Andacht zu meinem Unbefleckten Herzen
begründen. Wenn man tut, was ich euch
sage, werden viele Seelen gerettet werden,
und es wird Friede sein. Der Krieg wird
ein Ende nehmen. Wenn man aber nicht
aufhört, Gott zu beleidigen, wird
unter dem Pontifikat von Papst Pius XI.
ein anderer, schlimmerer beginnen. Wenn
ihr eine Nacht von einem unbekannten Licht
erhellt sehr, dann wißt, daß
dies das große Zeichen ist, das Gott
euch gibt, daß Er die Welt für
ihre Missetaten durch Krieg, Hungersnot,
Verfolgungen der Kirche und des Heiligen
Vaters bestrafen wird. Um das zu
verhüten werde ich kommen, um die
Weihe Rußlands an mein unbeflecktes
Herz und die Sühnekommunion an den
ersten Samstagen des Monats zu verlangen.
Wenn man auf meine Wünsche hört,
wird Rußland sich bekehren, und es
wird Friede sein. Wenn nicht, wird es
seine Irrlehren über die Welt
verbreiten, wird Kriege und
Kirchenverfolgungen heraufbeschwören.
Die Guten werden gemartert werden, der
Heilige Vater wird viel zu leiden haben,
verschiedene Nationen werden vernichtet
werden, am Ende aber wird mein
Unbeflecktes Herz triumphieren. Der
Heilige Vater wird mir Rußland
weihen. das sich bekehren wird, und der
Welt wird eine Zeit des Friedens geschenkt
werden."
|
(Osservatore Romano,
30.6.2000, S. 14-15; s.a. Il Messagio di
Fatima, 26-27.6.2000, S. 15-16) |
Lucia dos Santos war sich bei der Niederschrift
ihrer 'Dritten Erinnerung' bewußt, daß
sich wegen der erst nach dem Eintreten der von der
Erscheinung vorhergesagten Ereignisse erfolgten
Veröffentlichung der beiden Botschaften Kritik
erheben würde. Sie schreibt: "Hochwürdiger
Herr Bischof, vielleicht könnte jemand meinen,
ich hätte diese Dinge schon längst
offenbaren müssen, weil er glaubt, sie
hätten einige Jahre früher
größeren Wert gehabt." Im folgenden spricht
sie aber von ihrer Überzeugung, dies habe nicht
in Gottes Absicht gelegen, denn sonst "... hätte
Er mich zum Sprechen verpflichtet, anstatt mich im
Jahre 1917 zum Schweigen zu verpflichten ..." (Kondor,
1996, S. 121) In ihrer 'Vierten Erinnerung' schreibt
Lucia, die Erscheinung habe die Mädchen nach der
Mitteilung der drei Botschaften aufgefordert, diese
als Geheimnis zu bewahren: "Davon sagt niemandem
etwas; Francisco könnt ihr es mitteilen."
(Kondor, 1996, S. 171) Und nochmals bestätigte
sie dies in der 'Fünften Erinnerung', wo sie
nochmals ausdrücklich darauf eingeht, daß
von der Erscheinung vom 13. Mai 1917 zu schweigen der
alleinige Entschluß der Kinder war, aber die
Erscheinung vom 13. Juni ihnen zu schweigen gebot.
(Kondor, 1996, S. 180)
Das Zweite Geheimnis von Fatima enthält somit
eine zweiteilige Prophezeiung. Zunächst wird
davon gesprochen, wie die kommenden Kriege und die
Kirchenverfolgungen durch die alsbaldige Weihe
Rußlands und die Sühnekommunion verhindert
werden können. Aber sollten diese beiden
Maßnahmen nicht sofort erfolgen, würde zwar
die Verfolgung eintreten, doch am Ende würde auch
dann die Weihe und der Friede stehen. Dies sollte
meiner Meinung nach bei der Interpretation der
"Dritten Botschaft" bedacht werden.
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Noch im Jahr1959 schrieb Johannes Maria
Höcht: "Der dritte und vielleicht wichtigste Teil
des Geheimnisses von Fatima aber wurde bis heute noch
nicht enthüllt!" und führt in einer
Anmerkung dazu aus: "Es ist deponiert bei dem Bischof
von Leiria, der es aber erst 1960 veröffentlichen
wird." (Höcht, 1959, S. 73 und S. 103) Der
Umschlag mit dem Text der Dritten Botschaft war
allerdings schon am 4. April 1957 in das
Geheimarchiv des Heiligen Offiziums in Rom gebracht
worden. (Osservatore Romano, 30.6.2000, S. 13; s.a. Il
Messagio di Fatima, 26-27.6.2000, S. 4)
Am 17. August 1959 wurde Papst Johannes
XXIII. der Umschlag mit der Dritten Botschaft
ausgehändigt, aber dieser ließ ihn
ungeöffnet und gab ihn ins Archiv zurück.
Das von Lucia und dem Bischof von Leiria
gegenüber Casimir Barthas genannte Jahr der
Veröffentlichung, 1960, verstrich. Erst Papst Paul
VI. las das Schreiben am 27. März 1965,
verzichtete danach aber darauf, den Inhalt zu
publizieren. Erst nach dem Attentat am 13. Mai
1981 fragte Papst Johannes Paul II. nach
dem Brief und erhielt ihn am 18. Juli 1981
vorgelegt. Doch in diesem Jahr gab der Papst den
Originaltext und die italienische Übersetzung
wieder an das Archiv des Heiligen Offiziums
zurück. (Osservatore Romano, 30. Juni 2000. S.
13; Il Messagio di Fatima, 26-27.6.2000, S. 4-5)
Hier nun die deutsche Übersetzung des
Hauptteils des Textes der Dritten Botschaft, wie er
von der Glaubenskongregation unter dem Titel "Die Botschaft
von Fatima" publiziert wurde:
Nach den
zwei Teilen, die ich schon dargestellt habe,
haben wir links von Unserer Lieben Frau
etwas oberhalb einen Engel gesehen, der ein
Feuerschwert in der linken Hand hielt; es
sprühte Funken, und Flammen gingen von
ihm aus, als sollten sie die Welt
anzünden; doch die Flammen
verlöschten, als sie mit dem Glanz in
Berührung kamen, den Unsere Liebe Frau
von ihrer rechten Hand auf ihn
ausströmte: den Engel, der mit der
rechten Hand auf die Erde zeigte und mit
lauter Stimme rief: Buße,
Buße, Buße! Und wir sahen
in einem ungeheuren Licht, das Gott ist:
"etwas, das aussieht wie Personen in einem
Spiegel, wenn sie davor vorübergehen"
einen in Weiß gekleideten Bischof "wir
hatten die Ahnung, daß es der Heilige
Vater war". Verschiedene andere
Bischöfe, Priester, Ordensmänner
und Ordensfrauen einen steilen Berg
hinaufsteigen, auf dessen Gipfel sich ein
grosses Kreuz befand aus rohen Stämmen
wie aus Korkeiche mit Rinde.
Bevor er dort ankam, ging der Heilige Vater
durch eine große Stadt, die halb
zerstört war und halb zitternd mit
wankendem Schritt, von Schmerz und Sorge
gedrückt, betete er für die Seelen
der Leichen, denen er auf seinem Weg
begegnete. Am Berg angekommen, kniete er zu
Füssen des grossen Kreuzes nieder. Da
wurde er von einer Gruppe von Soldaten
getötet, die mit Feuerwaffen und
Pfeilen auf ihn schossen. Genauso starben
nach und nach die Bischöfe, Priester,
Ordensleute und verschiedene weltliche
Personen, Männer und Frauen
unterschiedlicher Klassen und Positionen.
Unter den beiden Armen des Kreuzes waren
zwei Engel, ein jeder hatte eine
Gießkanne aus Kristall ["un regador de
cristal"]in der Hand. Darin sammelten sie
das Blut der Märtyrer und tränkten
damit die Seelen, die sich Gott
näherten.
|
(Osservatore Romano,
30.6.2000, S. 15; s.a. Il Messagio di Fatima,
27.6.2000, S. 21; Die Botschaft von Fatima,
2000, S. 21) |
Die nun vom Vatikan herausgegebene 40seitige
Dokumentation mit dem Titel "Die Botschaft von Fatima"
(Il Messagio di Fatima) wurde in Englisch,
Französisch, Italienisch, Spanisch, Deutsch und
Portugiesisch vorgelegt und enthält neben dem
recht kurzen Text der "Dritten Botschaft"
Erläuterungen und Deutungen.
Die Einleitung wurde von Erzbischof Tarcisio Bertone
S.D.B. verfaßt, auf diese folgt der Text des
Ersten und Zweiten Geheimnisses von Fatima mit einer
Übersetzung. Nun folgt der Kern der
Veröffentlichung, der photomechanische Abdruck
des Originaltextes der Dritten Botschaft und eine
Übersetzung dieses Textes in die jeweilige
Sprache. Als nächstes folgt der Brief, den Papst
Johannes Paul II. am 19. April 2000 an Schwester Lucia
dos Santos, der Seherin und Verfasserin der drei
Botschaften, und dessen Übersetzung; worauf in
einer Zusammenfassung das Gespräch zwischen
Schwester Lucia, Erzbischof Bertone und Bischof
Serafin de Sousa Fereira e Silva von Leiria-Fatima
folgt. Den Abschluß bildet die Rede von
Kardinalstaatssekretär Angelo Santano zur
Seligsprechung der beiden anderen Seherkinder Jacinta
und Francisco vom 13. Mai 2000 und ein theologischer
Kommentar von Kardinal Joseph Ratzinger.
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Die hier eingefügte offzielle
Übersetzung enthält noch immer dieselbe
Fehlübersetzung, wie die am 27. Juni 2000 auf der
Website der Katholischen Presseagentur KATHPRESS
publizierte deutsche Übersetzung.
Während es in der englischen Übersetzung
heißt, die Engel benutzten jeweils ein aspersorium,
um das Blut der Märtyrer zu versprengen, ist hier
in der deutschen Version von Gießkannen
die Rede. Nun schrieb mir der deutsche Autor Michael
Hesemann: "Im Original steht allerdings
"regardor de cristal" und das ist, lt. Langenscheidt,
tatsächlich eine Gießkanne. Ich diskutierte
darüber mit Msgr. Gänswein von der
Glaubenslehre-Kongregation, der deswegen an der
'Gießkanne' festhält. Die Frage ist, ob der
Weihwasser-Besprenger in Portugal im Volksmund auch regador
(wörtl.: "Benässer") heißt...". Bei
einem aspersorium handelt sich um einen Weihwasserwedel.
Diese Übersetzung wird auch durch die Verwendung
des Gegenstandes durch die Engel nahegelegt.
Die in der deutschsprachigen Ausgabe des "Osservatore
Romano" vom 30. Juni 2000, Seite 14, abgedruckte
Übersetzung des Textes der "Ersten und Zweiten
Botschaft von Fatima" enthält weiterhin einen
Druckfehler, denn es heißt dort, der
angekündigte Krieg beginne unter dem Pontifikat
"Pius XII.". Dagegen ist aber in dem zuvor
abgebildeten Faksimile des von Lucia dos Santos
verfaßten Originaltextes an dieser Stelle
eindeutig "Pius XI." zu lesen. Daß es sich hier
zweifelsfrei um einen Druckfehler (und nicht die
Absicht der Herausgeber) handelt, zeigt sich in den
anderen Versionen der Übersetzung, denn dort
heißt es "Pius XI.", von einer Manipulation kann
also keine Rede sein.
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[Die im folgenden angeführten Zitate aus "Versuch
einer Auslegung des 'Geheimnisses von Fatima'" von
Kardinal Joseph Ratzinger sind der Ausgabe des
"Osservatore Romano" vom 30. Juni 2000, S. 18,
entnommen.]
Der Inhalt der "Dritten Botschaft von Fatima" wird
für viele sehr überraschend gewesen sein,
denn in den letzten Jahrzehnten kursierten
verschiedene Versionen, alle angeblich auf
glaubwürdige Quellen im Vatkan zurückgehend,
bei denen es sich aber offensichtlich lediglich um
Hirngespinste handelte. Doch gab es auch
zurückhaltende Vermutungen. So hatte Barthas in
einer Anmerkung vorsichtig die Frage gestellt: "Wird
es sich um die Art und Weise handeln, in der dieser
Triumph des Unbefleckten Herzens zustande kommen
wird?" (Barthas, 1993, S. 90) Der nun publizierte Text
von Lucia dos Santos konfrontiert die
Öffentlichkeit mit einem Inhalt, der ganz und gar
in biblischen Bildern präsentiert wird, aber
moderne Anklänge enthält. Zunächst ist
festzuhalten, worauf auch Kardinal Ratzinger in seinen
Ausführungen hinweist, nämlich das
Erscheinen der Bilder der Vision "wie in einem
Spiegel": "Das Künftige zeigt sich nur 'in
Spiegel und Gleichnis' (vgl. 1Kor 13,12)." Dasselbe
Bild erscheint erneut im 2. Brief an die Korinther, wo
es heißt: "Nun aber schauen wir alle mit
aufgedecktem Angesicht die Herrlichkeit des Herrn wie
in einem Spiegel, und wir werden verklärt in sein
Bild von einer Herrlichkeit zur andern von dem Herrn,
der der Geist ist." (2Kor 3,18) ähnlich schildert
die Seherin von Fatima ihre Vision, sie sah also die
geschilderte Szenerie nicht direkt, sondern auf einer
irgendwie gearteten Fläche, man fühlt sich
geradezu an eine Art Leinwand oder Bildschirm
erinnert. Eine solche Einschränkung machte sie
bei der Schilderung der ersten beiden Botschaften
nicht, wenn die Beschreibung dieser Vision auch mit
den Worten beginnt: "Unsere Liebe Frau zeigte uns ein
Feuermeer ..." und es am Ende der Schilderung
heißt: "Wir erhoben den Blick ...", was
nahelegt, daß die Bilder dieser Vision unterhalb
der Erscheinung sich manifestierten. Diese Lesart wird
bestätigt durch das, was Lucia in ihrer
»Vierten Erinnerung« über diese
Vision schreibt, wonach es sich um einen Blick in die
Tiefen der Erde handelte: "Bei diesen letzten Worten
öffnete sie [Maria, J.D.] aufs neue die
Hände wie in den zwei vorhergegangenen Monaten.
Der Strahl schien die Erde zu durchdringen, und wie
sahen gleichsam ein Feuermeer und eingetaucht in
dieses Feuer die Teufel und die Seelen ..." (Kondor,
1996, S. 170) Über den Punkt, an dem sich die
zweite Vision manifestierte, teilt Lucia dos Santos
nichts mit.
Nach den Worten Kardinal Ratzingers sind die
Einzelheiten der von Lucia dos Santos beschriebenen
Vision als Symbole aufzufassen und einer Deutung zu
unterziehen, um sie verständlich zu machen. So
schreibt er: "Berg und Stadt symbolisieren die Orte
der menschlichen Geschichte als Ort menschlichen
Bauens und Zusammenlebens, zugleich als Ort der
Zerstörungen, in denen der Mensch sein eigenes
Werk vernichtet. Die Stadt kann Ort der Gemeinsamkeit
und des Fortschritts, aber auch Ort der
Gefährdung und der äußersten Bedrohung
sein. Auf dem Berg steht das Kreuz - Ziel und
Orientierungspunkt der Geschichte."
Kardinal Sodano geht davon aus, die Geschehnisse, die
in den Bildern der Dritten Botschaft geschildert
werden, würden mittlerweile der Vergangenheit
angehören, also keine Zukunftsschau darstellen.
Und so schreibt auch Kardinal Ratzinger: "Soweit
einzelne Ereignisse dargestellt werden, gehören
sie nun der Vergangenheit an: Wer auf aufregende
apokalyptische Enthüllungen über das
Weltende oder den weiteren Verlauf der Geschichte
gewartet hatte, muß enttäuscht sein." Damit
wird festgehalten, daß sich der Interpret und
die Seherin sicher darin sind, daß die von der
Erscheinung als Folgen für das Unterbleiben der
Weihung Rußlands an das Unbefleckte Herz Mariens
in Aussicht gestellten Schrecken abgewendet sind.
Soweit die offizielle Deutung, die im Titel immerhin
als "Versuch einer Auslegung" bezeichnet wird, damit
keine absolute Gütigkeit beansprucht.
Die Bilder der Vision sind allerdings stark
apokalyptisch geprägt. Dies findet seinen
Ausdruck vor allem in dem Bild der "mit Feuerwaffen
und Pfeilen" schießenden "Soldaten". Hier mischt
sich die biblisch-apokalyptische Schau mit dem Leben
des Zwanzigsten Jahrhunderts. Es läßt sich
fragen, weshalb die gesehenen Angreifer der kleinen
Lucia als "Soldaten" erschienen, trugen sie eine Art
Uniform? Was waren die "Pfeile"? Von einem Angriff auf
einen Papst sprach Lucia schon in ihrer »Dritten
Erinnerung«. Dort heißt es, Jacinta habe
in einer Vision gesehen, wie ein Papst einem
gewalttätigen Mob ausgeliefert ist: "... ich sah
den Heiligen Vater. In einem sehr großen Haus
kniete er vor einem Tisch, verbarg das Gesicht in den
Händen und weinte. Draußen standen viele
Leute, und einige warfen Steine nach ihm, andere
beschimpften ihn und riefen häßliche
Worte." (Kondor, 1996, S. 118) Der Untergang der
gesamten Kirche wird in diesen Bildern geschildert,
keine Rettung ist zu erkennen, allein die Segnung der
Seelen durch das Blut der Märtyrer bleibt eine
Hoffnung. Die Besprengung mit Blut findet sich im
Ersten Brief des Petrus 1,1-2, wo es heißt,
dieser Brief sei gerichtet an "die auserwählten
Fremdlinge" in Kleinasien, "die Gott der Vater,
ausersehen hat durch die Heiligung des Geistes zum
Gehorsam und zur Besprengung mit dem Blut Jesu
Christi". Auf jeden Fall bezieht sich die Vision der
Dritten Botschaft auf das Ende der Zweiten Botschaft,
wo es heißt: "Die Guten werden gemartert werden,
der Heilige Vater wird viel zu leiden haben,
verschiedene Nationen werden vernichtet werden, am
Ende wird aber mein Unbeflecktes Herz triumphieren."
Dies aber sollte nach den Worten dieser Botschaft nur
dann eintreten, wenn sich Rußland nicht bekehre.
Kardinal Ratzinger legt in seiner Deutung des Textes
das Augenmerk auf das dreimalige 'Buße!' der
Engel und interpretiert die Vision daher als
Bußaufruf. Von einer Zukunftvision zu sprechen,
lehnt der Kardinal ab. Es handele sich nicht um die
Vision eines künftigen, unabänderlichen
Geschehens. Die Botschaft beinhalte eine Aufforderung
zur Umkehr zum Glauben und zum Gebet als Rettung der
Seelen.
Die Deutung des in diesem Text geschilderten
Geschehens auf das Papst-Attentat im Jahr 1981
erscheint sehr eng und nicht den Bildern entsprechend,
die in der Botschaft verwendet werden. Es wird konkret
die Situation eines Massakers, ausgeführt von
"Soldaten", beschrieben, aus dem niemand, auch der
"weißgekleidete Bischof" = der Papst(?) nicht
entkommt. Es ist kein einzelner Attentäter, der
allein den Papst angreift, sondern eine Gruppe von
Soldaten, die nicht nur die gesamte Kirchenhierarchie
(Papst, Bischöfe, Priester) und Angehörige
religiöser Orden, sondern auch Laien "aller
Stände und Stellungen" niedermetzelt. Daß
dieses Szenario nicht alleinsteht, zeigt der Zug des
Papstes durch die halb zerstörte Stadt, in der
auf dem Weg zahllose Leichen liegen. Diese Szenerie
erinnert eher an die Apokalypse und das Ende eines
großen Krieges, als an ein Attentat.
Kardinal Ratzinger legt in seinen Ausführungen
dar, es handele sich bei den Botschaften von Fatima um
"persönliche Offenbarungen". Als solche
bezeichnet der Kardinal alle Offenbarungen, die "...
seit dem Abschluß des Neuen Testaments ..."
erfolgten.
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Empfehlenswerte Literatur
* Casimir Barthas, Die Kinder von Fatima,
Freiburg (CH): Kanisius 1993 (7. Auflage)
[Im Stil einer Heiligenvita abgefaßt, aber wegen
der eingehenden Schilderungen unverzichtbar. Im
Buchhandel erhältlich]
* P. Luis Kondor SVD, Schwester Lucia spricht
über Fatima, Fatima 1996
[Hier kommt Lucia dos Santos selbst zu Wort und
schildert eindringlich ihr Schicksal. Wohl die
wichtigste Quelle zu den Fatima-Erscheinungen.]
*Johannes Maria Höcht, Fatima und Pius
XII., Wiesbaden: Credo-Vlg. 1959
[Höcht ordnet die Ereignisse von Fatima in die
Reihe der Marienerscheinungen ein, um das Wirken
Mariens in der Welt zu zeigen und bemüht sich um
den Nachweis der Verdienste Papst Pius XII. um die
Rettung der Welt.]
*Michael Hesemann, Das Fatima-Geheimnis
[erschienen im Herbst 2000]
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Pressestimmen und Diskussion
Die von der Vatikanischen Glaubenskongregation
herausgegebene Dokumentation mit dem Titel "Die Botschaft
von Fatima" war längere Zeit nur im
Internet zugänglich, weshalb für die meisten
Menschen der Blick in die Presse die einzige
Möglichkeit blieb, sich ein Bild von deren Inhalt
zu machen. Von größtem Interesse ist dabei
die in der Dokumentation enthaltene Deutung durch
Kardinal Joseph Ratzinger, von der derzeit nur wenige
Kernaussagen in Zitaten vorliegen.
Bisher sind mir nur drei Artikel aus deutschen
Tageszeitungen bekannt, die von der Publikation der
"Dritten Botschaft von Fatima" sprechen. Am 27. Juni
2000 druckte die Frankfurter Allgemeine Zeitung
die erste Seite dieser Niederschrift ab, zusammen mit
einer deutschen Übersetzung. Hingewiesen wird in
diesem Artikel auch auf die Aussage des
Kardinalstaatssekretärs Sodano, der im Mai
erklärt hatte, Papst Johannes Paul II. sehe in
der Botschaft einen Bezug auf das Attentat von 1981.
(Das "Dritte Geheimnis von Fatima" enthüllt, FAZ,
27.06.2000, S. 9)
Auch das in Berlin erscheinende Boulevardblatt BZ;
brachte an diesem Tag eine knappe Darstellung mit
Zitaten der Kernaussagen der Botschaft. Dabei wird die
Botschaft als Voraussage des Attentats auf den Papst
am 13. Mai 1981 gedeutet. Illustriert ist dieser
Artikel mit einem Photo, das Papst Johannes Paul II.
im Gespräch mit der Seherin Sr. Lucia dos Santos
zeigt. (Fatima Prophezeiung drei "Der Papst wird von
Soldaten mit Feuerwaffen getötet. Zwei Engel
fangen sein Blut auf", BZ, 27.06.2000, letzte Seite)
Die Katholische Kirchenzeitung geht in einem
kurzen Artikel, ebenfalls auf die Deutung durch
Kardinal Joseph Ratzinger ein und gibt den Inhalt der
Botschaft auszugsweise wieder. Hinzu kommt ein in der
Rubrik "Menschen" zitierter Satz des Kardinals:
"Schwester Lucia hat mir gesagt, ihr werde immer mehr
deutlich, dass das Ziel der ganzen Erscheinungen
gewesen sei, mehr in Glaube, Hoffnung und Liebe
einzuüben - alles andere sei nur Hinführung
dazu." (Katholische
Kirchenzeitung, Nr. 27, 2. Juli 2000, S. 4)
Inzwischen gibt es die erste Reaktion aus den
Kreisen der Präatsronautik. Peter Fiebag,
der Bruder des verstorbenen Dr. Johannes Fiebag, der
in seinem Buch "Die geheime Botschaft von Fatima"
(Tübingen 1986) die Überlegung anstellte, es
habe sich bei den Erscheinungen um die Manifestation
einer außerirdischen Macht gehandelt,
publizierte im AAS-FG-Magazin "Sagenhafte
Zeiten" (Nr. 4/2000, S. 24-25) einen Artikel zum
"Dritten Geheimnis von Fatima". Zunächst
hält Peter Fiebag, wie schon in dem gemeinsam mit
seinem Bruder verfaßten Buch "Himmelszeichen"
(München 1992), fest, die Erscheinung habe sich
mit ihrer Vorhersage des Endes des Ersten Weltkrieges
geirrt, ebenso verweist er auf die Vorhersage für
den Ausbruch des Zweiten Weltkrieges unter dem
Pontifikat von Papst Pius XI., der aber nach
offizieller Lesart erst unter Pius XII. begann. Pius
XI. starb am 10. Februar 1939, worauf Pius XII. das
Amt antrat. ["Auf den Einwand, daß der 2.
Weltkrieg (1939-1944 [sic! J. D.]) doch unter dem
Pontifikat Pius XII. begann, antwortete sie [Lucia; J.
D.], daß die Besetzung Österreichs schon
der eigentliche Beginn des Krieges war.", heißt
in einer Anmerkung zur 'Dritten Erinnerung' Lucias.
(Kondor, 1996, S. 113)] Fiebag stellt die
Interpretation der Dritten Botschaft auf das
Papst-Attentat von 1981 in Frage. Dann verweist er auf
einen Satz Johannes Pauls II. aus dem Jahr 1980, in
dem er gesagt haben soll: "Wenn zu lesen steht,
daß Ozeane ganze Erdteile Überschwemmen,
daß Menschen von einer Minute zur anderen
abberufen werden, und das zu Millionen, dann sollten
sie wirklich nicht mehr nach einer
Veröffentlichung dieses Geheimnisses sehnen ...".
Damit sieht der Autor einen Widerspruch zu dem jetzt
publizierten Text und vermutet "Desinformation". Und
so geht er davon aus, daß sich hinter der
tatsächlichen Botschaft mehr verbirgt. "Ist
damals nämlich nicht Maria erschienen, sondern
eine Projektion Außerirdischer, würde sich
so manches Rätsel in einem anderen 'himmlischen
Licht' darstellen." schreibt er weiter. Johannes
Fiebag hatte als Antwort auf die Frage "Was ist die wirklicheBotschaft
von Fatima?" schon 1986 geschrieben: "Wenn wir unserer
Hypothese folgen, wonach die Erscheinungen von Fatima
ein UFO-Ereignis waren, ist die Antwort auf diese
Frage geradezu zwingend: Die dritte Botschaft von
Fatima, das 'dritte Geheimnis' beinhaltet
Informationen über den wirklichen Hergang der
Ereignisse, über die tatsächlichen
Hintergründe, die über die 'Operation
Fatima' und vielleicht sogar darüber hinaus."
(Fiebag, 1986, S. 171)
Als Reaktion auf diesen Artikel von Peter Fiebag
sandte Michael Hesemann folgenden Leserbrief an
"Sagenhafte Zeiten", den er auch zur Publikation hier
auf der Seite zur Verfügung stellte:
19.7.2000
Liebe AAS-Kollegen,
leider ist der Artikel von Peter Fiebag
voller sachlicher Fehler und
unbegründeter Angriffe gegen den
Vatikan, sodaß ich ihn nicht
unwidersprochen lassen kann.
Die Hypothese, Fatima sei von
Außerirdischen inszeniert, ist bei
genauer Betrachtung der Ereignisse und
Augenzeugenberichte nicht haltbar.
Allenfalls ist eine Mitwirkung von
Außerirdischen z.B. beim
berühmten "Sonnenwunder" möglich.
Die Erscheinungen selbst aber, wie sie von
den Kindern geschildert wurden, haben alle
Charakteristiken mystischer Visionen, wobei
die religiöse Bildersprache teilweise
auf die "Übersetzung" der empfangenen
Botschaft durch das Unterbewußtsein
der Seher zurückzuführen ist. Hier
stößt auch die
Prä-Astronautik an ihre Grenzen. Es
läßt sich halt nicht alles
technisch-außerirdisch erklären.
Präzise eingetroffene Voraussagen
über den frühen Tod der Kinder,
den Ausbruch des 2. Weltkrieges und den
Vormarsch und Niedergang des
Sowjetkommunismus nur wenige Monate vor der
Oktoberrevolution beweisen den
übernatürlichen Ursprung der
Visionen. Fiebags Behauptung, die
Erscheinung habe sich über Kriegsende
und Kriegsausbruch geirrt, ist schlichtweg
falsch. Nur die Anwesenden hatten die
Vorhersage des "baldigen" Kriegsendes falsch
interpretiert; der Einmarsch Hitlers in
Polen fand zwar unter Pius XII. statt, als
eigentlicher Kriegsbeginn kann aber
ebensogut Hitlers erste Aggression, der
Einmarsch in Österreich, gerechnet
werden, der unter Pius XI. stattfand.
Leider verschweigt uns Fiebag den Inhalt des
1. Geheimnisses. Es war eine Vision der
Hölle, Symbol für den Zustand der
Seelen, die sich von Gott entfernt haben.
Das paßt nicht in Fiebags Hypothese.
Es ist wahr, daß Papst Johannes XXIII.
das Dritte Geheimnis nicht
veröffentlichen wollte, aber nicht,
weil er glaubte, damit eine Panik
auszulösen, sondern schlichtweg weil
das düstere Szenario vom Martyrium der
Kirche und eines Papstes dem verordneten
Konzilsoptimismus widersprach. Das
Fiebag-Zitat ist schlichtweg erfunden, von
der Angst vor einer Panik spricht nicht eine
einzige der wenigen vorliegenden Quellen
über die Reaktion dieses Papstes. Die
Empfehlung, die Botschaft 1960 zu
veröffentlichen, ging alleinig auf die
Seherin Lucia zurück, nicht auf die
Madonna.
Fiebags Behauptung, Kardinal Sodano
hätte die Veröffentlichung des
Dritten Geheimnisses der
Glaubenskongregation anvertraut, ist falsch.
Richtig ist, daß der Papst die
Veröffentlichung angeordnet hat und
daß das Geheimnis seit 1957 von der
Glaubenskongregation gehütet wird. Wen
stört, daß die
Veröffentlichung zusammen mit einem
erläuternden (und gewiß
hilfreichen) Kommentar erfolgte? Der Text
ist ja in der Vatikan-Veröfentlichung
im Faksimile reproduziert worden und damit
zweifelsfrei authentisch.
Welche falschen Schlußfolgerungen
portugiesische Bischöfe aus der
Sodano-Ankündigung über den Termin
der Veröffentlichung gezogen haben ist
m.E. irrelevant. Die Kommentierung,
Übersetzung in sieben Weltsprachen,
Druck und Organisation einer Pressekonferenz
waren nicht "von heute auf morgen"
möglich. Der vatikanische Kommentar ist
ein Angebot. Daß sich zumindest Teile
des 3. Geheimnisses auch auf die Zukunft
beziehen können, ist durchaus
möglich.
Das Papstzitat aus Fulda, das Fiebag
anführt, ist nicht authentisch, d.h. es
konnte nie bestätigt werden. Doch
selbst wenn Johannes Paul II. sich so
geäußert haben sollte, besagt
dies wenig, hat er das authentische Dritte
Geheimnis doch erst im Juli 1981 -nach dem
Attentat- gelesen. Er konnte sich also
allenfalls auf die spekulative
"Emrich-Version" des Dritten Geheimnisses
bezogen haben, ein aus Gerüchten aus
dem Vatikan zusammenkonfabulierter Text, den
die Zeitschrift "Neues Europa" 1963
veröffentlichte und aus dem ein Bericht
in der Vatikanzeitung "Osservatore della
Domenica" am 15. Oktober 1978, dem Tag vor
der Wahl des Wojtyla-Papstes, zitierte.
Daraus Verschwörungstheorien zu
fabrizieren ist mehr als gewagt.
Daß der veröffentlichte Text
vollständig ist, geht eindeutig aus dem
mit Überschrift versehenen und mit
Datum unterzeichneten Faksimile-Text aus den
Händen Lucias hervor. Alles andere ist
wilde, unseriöseste Spekulation. Der
Grund für die Geheimhaltung ist
offensichtlich: In der Vision stirbt der
Papst unter dem Feuer. Von einem Sieg der
Kirche ist keine Rede. Die vermeintliche
Prophezeiung eines Sieges der
kommunistischen Kirchenfeinde und
Christenverfolger hätte diese nur zu
weiteren Schritten ermutigen können.
Dabei ist echte Prophetie immer eine
Warnung, mit dem Ziel, die möglichen
Zukunftsereignisse abzuwenden. Ich nenne
dies den "Niniveh-Effekt". Als die
Bürger von Niniveh die Warnung Jonahs
hörten und darauf reagierten, blieb die
angekündigte Zerstörung der Stadt
aus. So hat auch der Papst die
Fatima-Warnung verstanden, als er das
Attentat -wie er glaubt durch Einwirkung der
Madonna- überlebte. So fiel
letztendlich die kommunistische Sowjetunion,
während Johannes Paul II. die
Christenheit in das Dritte Jahrtausend
führte. Die Erscheinung von Fatima hat
damit ihr Ziel erreicht. Die Botschaft
konnte veröffentlicht werden.
Wer nach wie vor jetzt
Verschwörungshypothesen publiziert,
verläßt den Boden der Tatsachen.
Er läuft Gefahr, zur tragischen Gestalt
zu werden, die um jeden Preis ihr Gesicht
nicht verlieren, eine liebgewonnene aber
längst widerlegte Hypothese retten
will. Irren ist menschlich...an
Irrtümern festhalten aber dumm. So
stehen wir bei Fatima staunend vor der
Manifestation einer wenn nicht
außerirdischen, dann doch
überirdischen Macht, eines Eingreifen
des Göttlichen (und nicht der
"Götter") in die Geschichte aus Sorge
um die Menschheit.
(Michael Hesemann)
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