Die "Dritte Botschaft" von Fatima

Enthüllung nach 84 Jahren

von Jörg Dendl

Update: 13. März 2008


Inhalt
Das Geheimnis 06.05.2004
Die Vorgeschichte 06.05.2004
Die erste und zweite Botschaft 06.05.2004
Die Dritte Botschaft 06.05.2004
Die deutsche Übersetzung 06.05.2004
Die Deutung 06.05.2004
Empfehlenswerte Literatur 06.05.2004
Pressestimmen und Diskussion 06.05.2004
Peter Fiebag 06.05.2004
Michael Hesemann 06.05.2004
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Das Geheimnis der "Dritten Botschaft" von Fatima ist seit dem 26. Juni 2000 gelüftet


Was seit dem Jahr 1944 als das bestgehütete Geheimnis des Vatikans galt, ist seit dem 26. Juni 2000 keines mehr. In der Ausgabe des deutschsprachigen "Osservatore Romano" vom 30. Juni 2000 wurde auf den Seiten 13-18 unter dem Titel Die Botschaft von Fatima das langgehütete Geheimnis offengelegt. Dieser Publikation folgte ein von der "Kongregation für die Glaubenslehre" herausgegebene Broschüre mit dem Titel "Die Botschaft von Fatima", Vatikanstadt 2000, die die Texte der drei Botschaften im Faksimile enthält.
Auch im Internet ist das gesamte Material in den Sprachen Deutsch, Französisch, Englisch, Portugiesisch, Italienisch und Spanisch abrufbar.
Darin legt der Heilige Stuhl offen, was die zehnjährige Lucia dos Santos am 13. Juli 1917 in einer Vision sah. Die Seherin starb am 13. Februar 2005 im Alter von 97 Jahren. Sie hatte damit die beiden anderen Seherkinder, Jacinta und Francisco Marto, die schon 1919und 1920 gestorben waren, lange überlebt.

Von den drei Visionen, die Lucia sah, hatte sie die beiden ersten schon am 31. August 1941 niedergeschrieben und diese waren auch alsbald in der Öffentlichkeit bekannt geworden. Die dritte Vision wurde von ihr erst im Jahr 1944 schriftlich niedergelegt. Von einer Publikation dieser Botschaft sah man aber ab, obwohl Lucia schon bald von einer Veröffentlichung im Jahr 1960 sprach. Die Folgen sind bekannt: Die Bedeutung der sogenannten "Dritten Botschaft von Fatima" war über die Jahrzehnte hinweg durch nicht abreißenwollende Spekulationen von Laien und Kirchenleuten, Journalisten, Schriftstellern und Theologen immer mehr gesteigert worden. Schließlich sprach man nur noch von dem "Dritten Geheimnis von Fatima".

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Die Vorgeschichte

[Zunächst werden hier kurz die Ereignisse geschildert, die auf den Tag hinführten, an dem Lucia dos Santos die drei Botschaften von einer himmlischen Erscheinung erfuhr. Der folgende knappe Überblick orientiert sich an der Darstellung in dem Buch von Casimir Barthas "Die Kinder von Fatima" (Freiburg i.Br. 1993).]

Die Geschichte der drei Botschaften von Fatima begann im Frühjahr des Jahres 1916. Drei Kinder, Lucia dos Santos, geboren am 22. März 1907, Francisco Martos, geboren am 11. Juni 1908, und seine Schwester, die am 10. März 1910 geborene Jacinta Martos, hüteten am Fuß des Hügels von Cabeco die Schafe ihrer beiden Familien. An einem Tag, an den sich später Lucia nicht mehr erinnerte, es soll im Mai oder Anfang Juni gewesen sein, flüchteten sich die drei Kinder vor einem Regenschauer in eine kleine Grotte. Als sie nach der Einnahme ihres Mittagessens und dem Rosenkranzgebet wieder den natürlichen Schutz verliessen, sahen sie ein "Licht, weißer als der Schnee, und glich einer menschlichen Gestalt, glänzender als Kristall, durch den die Sonnenstrahlen scheinen.", schreibt Barthas (1993, S. 45). Diese Lichtgestalt betete mit den Kindern und forderte sie dann auf, das gemeinsam gesprochene Gebet weiter zu wiederholen. Damit war diese erste Erscheinung beendet. Erst zwei Monate später, Ende Juli oder Anfang August, erschien der Engel wieder. Er forderte die Kinder wieder zum Gebet auf, sich selbst als den Schutzengel Portugals präsentierend. Infolge dieser zweiten Aufforderung zu Opfer und Gebet verbrachten die Kinder von nun an viele Stunden im Gebet. Ein drittes Mal erscheint der Engel wiederum drei Monate später, erneut an der Grotte. Nun erteilte er den Kindern die Heilige Kommunion. Während er Francisco und Jacinta den Kelch reichte, erhielt Lucia die Hostie, die zuvor über dem Kelch geschwebt und geblutet hatte. Wieder folgten stundenlange Gebete, bevor die Kinder nach Hause zurückkehrten. Der Engel hatte sie angewiesen, über die Geschehnisse Stillschweigen zu bewahren.
Am Sonntag, dem 13. Mai 1917 kam es dann in der "Cova da Iria" zur ersten Begegnung mit einer Frauengestalt. Zunächst machte ein Blitz die Kinder aufmerksam, die erst befürchteten, von einem Gewitter überrascht zu werden. Schon auf dem Weg zum Dorf blitzte es ein zweites Mal und über einer Steineiche in der Mulde erschien zum ersten Mal eine Frauengestalt. (Barthas, 1993, S. 53) Diese sagte, sie wolle den Kindern im Oktober mitteilen, wer sie sei und was sie wolle. Schließlich erklärten sich die Kinder bereit, alles auf sich zu nehmen, was an Leid auf sie zukommen würde. Daraufhin öffnete die Gestalt ihre Hände und die Kinder wurden in ein strahlendes Licht getaucht.
Die Erscheinung verschwand, indem sie in Richtung Osten davonschwebte. Die Kinder beschlossen untereinander, ihre Begegnung für sich zu behalten. Doch die kleine Jacinta erzählte davon. Als das Gerücht sich in den Dörfern der Umgebung verbreitete, kam es zu einer Spaltung unter den Einwohnern. Einzelne glaubten den Kindern, was sie erzählten, andere bezichtigten sie der Lüge.
So hatte sich am 13. Juni 1917 die Nachricht von den Erscheinungen der drei Kinder schon weit verbreitet. Sechzig Zeugen weilten an diesem Tag in der Nähe, als die Kinder erneut über der Steineiche die Frauengestalt wahrnahmen. Sie selbst gaben zu Protokoll, die Gestalt nicht gesehen zu haben, doch sprach eine der Zeugen, Maria dos Santos Carreira sie haben "... eine ganz zarte Stimme; die Worte konnten wir nicht verstehen; es war wie das Summen einer Biene." (Barthas,1993, S. 73) Diesmal sagte die Erscheinung zu Lucia, sie werde Jacinta und Francisco "... bald holen, Du aber mußt noch einige Zeit hier unten bleiben. Jesus will sich deiner bedienen, damit man mich kennen und lieben lernt.". (zit. n. Barthas, 1993, S. 74)
Wieder einen Monat später, am 13. Juli 1917, kam es zu der Erscheinung, bei der die berühmten "Drei Botschaften von Fatima" an Lucia dos Santos ergingen. Sie war während der Erscheinungen immer das einzige der Kinder geblieben, das nicht nur die Gestalt sehen konnte, sondern auch hörte, was diese sagte und auch antworten konnte. Jacinta hörte die Erscheinung sprechen, Francisco sah sie nur. Diesmal waren es schon vier- bis fünftausend Menschen, die dem Ereignis beiwohnen wollten und die somit Zeugen der Geschehnisse wurden. Von einem grellen Lichtblitz begleitet erschien die Frauengestalt erneut vor den Kindern. Sie kündigte nun für den Oktober an, ihre Identität preiszugeben und sie würde "... ein Wunder wirken, das jedermann sehen wird, damit man euch glaubt." (Barthas, 1993, S. 87) Daraufhin teilte sie Lucia die drei Botschaften mit, die seit den vierziger Jahren so großes Aufsehen verursachten. Den Mädchen schärfte die Gestalt ein, diese Botschaften zunächst für sich zu behalten, nur Francisco, dürften sie den Inhalt mitteilen. (Barthas, 1993, S. 91)

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Die Erste und Zweite Botschaft

In ihrer sogenannten "Dritten Erinnerung", mit deren Niederschrift sie Ende Juli 1941 begann und die sie am 31. August 1941 abschloß (Kondor, 1996, S. 109), legte Lucia dos Santos die beiden ersten Teile der Botschaft nieder, die ihr die Erscheinung am 13. Juli 1917 (Barthas, 1993, S. 85) mitgeteilt hatte. Auf Befehl Papst Pius XII. wurden das Erste und Zweite Geheimnis am 13. Mai 1942, am 25. Jahrestag der 1. Erscheinung, veröffentlicht. (Höcht, 1959, S. 103 und S. 431; Kondor, 1996, S. 111-124) Neben der "Dritten Botschaft" wurde am 26. Juni 2000 auch der Text der beiden ersten Botschaften zusammen mit einem Faksimile der Niederschrift publiziert. (Osservatore Romano, 30. Juni 2000, S. 14; Il Messagio di Fatima, 26-27 Juni 2000, S. 13-16)
Darin heißt es:

 
"Das Geheimnis besteht aus drei verschiedenen Teilen, von denen ich zwei jetzt offenbaren will. Der erste Teil war die Vision der Hölle.

Unsere Liebe Frau zeigte uns ein großes Feuermeer, das in der Tiefe der Erde zu sein schien. Eingetaucht in dieses Feuer sahen wir die Teufel und die Seelen als seien es durchsichtige schwarze oder braune, glühende Kohlen in menschlicher Gestalt. Sie trieben im Feuer dahin, emporgeworfen von den Flammen, die aus ihnen selber zusammen mit Rauchwolken hervorbrachen. Sie fielen nach allen Richtungen, wie Funken bei gewaltigen Bränden, ohne Schwere und Gleichgewicht, unter Schmerzensgeheul und Verzweiflungsschreien, die einen vor Entsetzen erbeben und erstarren ließen. Die Teufel waren gezeichnet durch eine schreckliche und grauenvolle Gestalt von scheußlichen, unbekannten Tieren, aber auch sie waren durchsichtig und schwarz.
Diese Vision dauerte nur einen Augenblick. Dank sei unserer himmlischen Mutter, die uns vorher versprochen hatte, uns in den Himmel zu führen [in der ersten Erscheinung]. Wäre das nicht so gewesen, dann glaube ich, wären wir vor Schrecken und Entsetzen gestorben. Wir erhoben den Blick zu Unserer Lieben Frau, die voll Güte und Traurigkeit sprach:
- Ihr habt die Hölle gesehen, wohin die Seelen der armen Sünder kommen. Um sie zu retten, will Gott in der Welt die Andacht zu meinem Unbefleckten Herzen begründen. Wenn man tut, was ich euch sage, werden viele Seelen gerettet werden, und es wird Friede sein. Der Krieg wird ein Ende nehmen. Wenn man aber nicht aufhört, Gott zu beleidigen, wird unter dem Pontifikat von Papst Pius XI. ein anderer, schlimmerer beginnen. Wenn ihr eine Nacht von einem unbekannten Licht erhellt sehr, dann wißt, daß dies das große Zeichen ist, das Gott euch gibt, daß Er die Welt für ihre Missetaten durch Krieg, Hungersnot, Verfolgungen der Kirche und des Heiligen Vaters bestrafen wird. Um das zu verhüten werde ich kommen, um die Weihe Rußlands an mein unbeflecktes Herz und die Sühnekommunion an den ersten Samstagen des Monats zu verlangen. Wenn man auf meine Wünsche hört, wird Rußland sich bekehren, und es wird Friede sein. Wenn nicht, wird es seine Irrlehren über die Welt verbreiten, wird Kriege und Kirchenverfolgungen heraufbeschwören. Die Guten werden gemartert werden, der Heilige Vater wird viel zu leiden haben, verschiedene Nationen werden vernichtet werden, am Ende aber wird mein Unbeflecktes Herz triumphieren. Der Heilige Vater wird mir Rußland weihen. das sich bekehren wird, und der Welt wird eine Zeit des Friedens geschenkt werden."

(Osservatore Romano, 30.6.2000, S. 14-15; s.a. Il Messagio di Fatima, 26-27.6.2000, S. 15-16)

 

Lucia dos Santos war sich bei der Niederschrift ihrer 'Dritten Erinnerung' bewußt, daß sich wegen der erst nach dem Eintreten der von der Erscheinung vorhergesagten Ereignisse erfolgten Veröffentlichung der beiden Botschaften Kritik erheben würde. Sie schreibt: "Hochwürdiger Herr Bischof, vielleicht könnte jemand meinen, ich hätte diese Dinge schon längst offenbaren müssen, weil er glaubt, sie hätten einige Jahre früher größeren Wert gehabt." Im folgenden spricht sie aber von ihrer Überzeugung, dies habe nicht in Gottes Absicht gelegen, denn sonst "... hätte Er mich zum Sprechen verpflichtet, anstatt mich im Jahre 1917 zum Schweigen zu verpflichten ..." (Kondor, 1996, S. 121) In ihrer 'Vierten Erinnerung' schreibt Lucia, die Erscheinung habe die Mädchen nach der Mitteilung der drei Botschaften aufgefordert, diese als Geheimnis zu bewahren: "Davon sagt niemandem etwas; Francisco könnt ihr es mitteilen." (Kondor, 1996, S. 171) Und nochmals bestätigte sie dies in der 'Fünften Erinnerung', wo sie nochmals ausdrücklich darauf eingeht, daß von der Erscheinung vom 13. Mai 1917 zu schweigen der alleinige Entschluß der Kinder war, aber die Erscheinung vom 13. Juni ihnen zu schweigen gebot. (Kondor, 1996, S. 180)
Das Zweite Geheimnis von Fatima enthält somit eine zweiteilige Prophezeiung. Zunächst wird davon gesprochen, wie die kommenden Kriege und die Kirchenverfolgungen durch die alsbaldige Weihe Rußlands und die Sühnekommunion verhindert werden können. Aber sollten diese beiden Maßnahmen nicht sofort erfolgen, würde zwar die Verfolgung eintreten, doch am Ende würde auch dann die Weihe und der Friede stehen. Dies sollte meiner Meinung nach bei der Interpretation der "Dritten Botschaft" bedacht werden.

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Die Dritte Botschaft

Noch im Jahr1959 schrieb Johannes Maria Höcht: "Der dritte und vielleicht wichtigste Teil des Geheimnisses von Fatima aber wurde bis heute noch nicht enthüllt!" und führt in einer Anmerkung dazu aus: "Es ist deponiert bei dem Bischof von Leiria, der es aber erst 1960 veröffentlichen wird." (Höcht, 1959, S. 73 und S. 103) Der Umschlag mit dem Text der Dritten Botschaft war allerdings schon am 4. April 1957 in das Geheimarchiv des Heiligen Offiziums in Rom gebracht worden. (Osservatore Romano, 30.6.2000, S. 13; s.a. Il Messagio di Fatima, 26-27.6.2000, S. 4)
Am 17. August 1959 wurde Papst Johannes XXIII. der Umschlag mit der Dritten Botschaft ausgehändigt, aber dieser ließ ihn ungeöffnet und gab ihn ins Archiv zurück. Das von Lucia und dem Bischof von Leiria gegenüber Casimir Barthas genannte Jahr der Veröffentlichung, 1960, verstrich. Erst Papst Paul VI. las das Schreiben am 27. März 1965, verzichtete danach aber darauf, den Inhalt zu publizieren. Erst nach dem Attentat am 13. Mai 1981 fragte Papst Johannes Paul II. nach dem Brief und erhielt ihn am 18. Juli 1981 vorgelegt. Doch in diesem Jahr gab der Papst den Originaltext und die italienische Übersetzung wieder an das Archiv des Heiligen Offiziums zurück. (Osservatore Romano, 30. Juni 2000. S. 13; Il Messagio di Fatima, 26-27.6.2000, S. 4-5)

Hier nun die deutsche Übersetzung des Hauptteils des Textes der Dritten Botschaft, wie er von der Glaubenskongregation unter dem Titel "Die Botschaft von Fatima" publiziert wurde:
 
Nach den zwei Teilen, die ich schon dargestellt habe, haben wir links von Unserer Lieben Frau etwas oberhalb einen Engel gesehen, der ein Feuerschwert in der linken Hand hielt; es sprühte Funken, und Flammen gingen von ihm aus, als sollten sie die Welt anzünden; doch die Flammen verlöschten, als sie mit dem Glanz in Berührung kamen, den Unsere Liebe Frau von ihrer rechten Hand auf ihn ausströmte: den Engel, der mit der rechten Hand auf die Erde zeigte und mit lauter Stimme rief: Buße, Buße, Buße! Und wir sahen in einem ungeheuren Licht, das Gott ist: "etwas, das aussieht wie Personen in einem Spiegel, wenn sie davor vorübergehen" einen in Weiß gekleideten Bischof "wir hatten die Ahnung, daß es der Heilige Vater war". Verschiedene andere Bischöfe, Priester, Ordensmänner und Ordensfrauen einen steilen Berg hinaufsteigen, auf dessen Gipfel sich ein grosses Kreuz befand aus rohen Stämmen wie aus Korkeiche mit Rinde.
Bevor er dort ankam, ging der Heilige Vater durch eine große Stadt, die halb zerstört war und halb zitternd mit wankendem Schritt, von Schmerz und Sorge gedrückt, betete er für die Seelen der Leichen, denen er auf seinem Weg begegnete. Am Berg angekommen, kniete er zu Füssen des grossen Kreuzes nieder. Da wurde er von einer Gruppe von Soldaten getötet, die mit Feuerwaffen und Pfeilen auf ihn schossen. Genauso starben nach und nach die Bischöfe, Priester, Ordensleute und verschiedene weltliche Personen, Männer und Frauen unterschiedlicher Klassen und Positionen. Unter den beiden Armen des Kreuzes waren zwei Engel, ein jeder hatte eine Gießkanne aus Kristall ["un regador de cristal"]in der Hand. Darin sammelten sie das Blut der Märtyrer und tränkten damit die Seelen, die sich Gott näherten.
(Osservatore Romano, 30.6.2000, S. 15; s.a. Il Messagio di Fatima, 27.6.2000, S. 21; Die Botschaft von Fatima, 2000, S. 21)

 

Die nun vom Vatikan herausgegebene 40seitige Dokumentation mit dem Titel "Die Botschaft von Fatima" (Il Messagio di Fatima) wurde in Englisch, Französisch, Italienisch, Spanisch, Deutsch und Portugiesisch vorgelegt und enthält neben dem recht kurzen Text der "Dritten Botschaft" Erläuterungen und Deutungen.
Die Einleitung wurde von Erzbischof Tarcisio Bertone S.D.B. verfaßt, auf diese folgt der Text des Ersten und Zweiten Geheimnisses von Fatima mit einer Übersetzung. Nun folgt der Kern der Veröffentlichung, der photomechanische Abdruck des Originaltextes der Dritten Botschaft und eine Übersetzung dieses Textes in die jeweilige Sprache. Als nächstes folgt der Brief, den Papst Johannes Paul II. am 19. April 2000 an Schwester Lucia dos Santos, der Seherin und Verfasserin der drei Botschaften, und dessen Übersetzung; worauf in einer Zusammenfassung das Gespräch zwischen Schwester Lucia, Erzbischof Bertone und Bischof Serafin de Sousa Fereira e Silva von Leiria-Fatima folgt. Den Abschluß bildet die Rede von Kardinalstaatssekretär Angelo Santano zur Seligsprechung der beiden anderen Seherkinder Jacinta und Francisco vom 13. Mai 2000 und ein theologischer Kommentar von Kardinal Joseph Ratzinger.

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Die deutsche Übersetzung

Die hier eingefügte offzielle Übersetzung enthält noch immer dieselbe Fehlübersetzung, wie die am 27. Juni 2000 auf der Website der Katholischen Presseagentur KATHPRESS publizierte deutsche Übersetzung.
Während es in der englischen Übersetzung heißt, die Engel benutzten jeweils ein aspersorium, um das Blut der Märtyrer zu versprengen, ist hier in der deutschen Version von Gießkannen die Rede. Nun schrieb mir der deutsche Autor Michael Hesemann: "Im Original steht allerdings "regardor de cristal" und das ist, lt. Langenscheidt, tatsächlich eine Gießkanne. Ich diskutierte darüber mit Msgr. Gänswein von der Glaubenslehre-Kongregation, der deswegen an der 'Gießkanne' festhält. Die Frage ist, ob der Weihwasser-Besprenger in Portugal im Volksmund auch regador (wörtl.: "Benässer") heißt...". Bei einem aspersorium handelt sich um einen Weihwasserwedel. Diese Übersetzung wird auch durch die Verwendung des Gegenstandes durch die Engel nahegelegt.
Die in der deutschsprachigen Ausgabe des "Osservatore Romano" vom 30. Juni 2000, Seite 14, abgedruckte Übersetzung des Textes der "Ersten und Zweiten Botschaft von Fatima" enthält weiterhin einen Druckfehler, denn es heißt dort, der angekündigte Krieg beginne unter dem Pontifikat "Pius XII.". Dagegen ist aber in dem zuvor abgebildeten Faksimile des von Lucia dos Santos verfaßten Originaltextes an dieser Stelle eindeutig "Pius XI." zu lesen. Daß es sich hier zweifelsfrei um einen Druckfehler (und nicht die Absicht der Herausgeber) handelt, zeigt sich in den anderen Versionen der Übersetzung, denn dort heißt es "Pius XI.", von einer Manipulation kann also keine Rede sein.

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Die Deutung

[Die im folgenden angeführten Zitate aus "Versuch einer Auslegung des 'Geheimnisses von Fatima'" von Kardinal Joseph Ratzinger sind der Ausgabe des "Osservatore Romano" vom 30. Juni 2000, S. 18, entnommen.]

Der Inhalt der "Dritten Botschaft von Fatima" wird für viele sehr überraschend gewesen sein, denn in den letzten Jahrzehnten kursierten verschiedene Versionen, alle angeblich auf glaubwürdige Quellen im Vatkan zurückgehend, bei denen es sich aber offensichtlich lediglich um Hirngespinste handelte. Doch gab es auch zurückhaltende Vermutungen. So hatte Barthas in einer Anmerkung vorsichtig die Frage gestellt: "Wird es sich um die Art und Weise handeln, in der dieser Triumph des Unbefleckten Herzens zustande kommen wird?" (Barthas, 1993, S. 90) Der nun publizierte Text von Lucia dos Santos konfrontiert die Öffentlichkeit mit einem Inhalt, der ganz und gar in biblischen Bildern präsentiert wird, aber moderne Anklänge enthält. Zunächst ist festzuhalten, worauf auch Kardinal Ratzinger in seinen Ausführungen hinweist, nämlich das Erscheinen der Bilder der Vision "wie in einem Spiegel": "Das Künftige zeigt sich nur 'in Spiegel und Gleichnis' (vgl. 1Kor 13,12)." Dasselbe Bild erscheint erneut im 2. Brief an die Korinther, wo es heißt: "Nun aber schauen wir alle mit aufgedecktem Angesicht die Herrlichkeit des Herrn wie in einem Spiegel, und wir werden verklärt in sein Bild von einer Herrlichkeit zur andern von dem Herrn, der der Geist ist." (2Kor 3,18) ähnlich schildert die Seherin von Fatima ihre Vision, sie sah also die geschilderte Szenerie nicht direkt, sondern auf einer irgendwie gearteten Fläche, man fühlt sich geradezu an eine Art Leinwand oder Bildschirm erinnert. Eine solche Einschränkung machte sie bei der Schilderung der ersten beiden Botschaften nicht, wenn die Beschreibung dieser Vision auch mit den Worten beginnt: "Unsere Liebe Frau zeigte uns ein Feuermeer ..." und es am Ende der Schilderung heißt: "Wir erhoben den Blick ...", was nahelegt, daß die Bilder dieser Vision unterhalb der Erscheinung sich manifestierten. Diese Lesart wird bestätigt durch das, was Lucia in ihrer »Vierten Erinnerung« über diese Vision schreibt, wonach es sich um einen Blick in die Tiefen der Erde handelte: "Bei diesen letzten Worten öffnete sie [Maria, J.D.] aufs neue die Hände wie in den zwei vorhergegangenen Monaten. Der Strahl schien die Erde zu durchdringen, und wie sahen gleichsam ein Feuermeer und eingetaucht in dieses Feuer die Teufel und die Seelen ..." (Kondor, 1996, S. 170) Über den Punkt, an dem sich die zweite Vision manifestierte, teilt Lucia dos Santos nichts mit.
Nach den Worten Kardinal Ratzingers sind die Einzelheiten der von Lucia dos Santos beschriebenen Vision als Symbole aufzufassen und einer Deutung zu unterziehen, um sie verständlich zu machen. So schreibt er: "Berg und Stadt symbolisieren die Orte der menschlichen Geschichte als Ort menschlichen Bauens und Zusammenlebens, zugleich als Ort der Zerstörungen, in denen der Mensch sein eigenes Werk vernichtet. Die Stadt kann Ort der Gemeinsamkeit und des Fortschritts, aber auch Ort der Gefährdung und der äußersten Bedrohung sein. Auf dem Berg steht das Kreuz - Ziel und Orientierungspunkt der Geschichte."
Kardinal Sodano geht davon aus, die Geschehnisse, die in den Bildern der Dritten Botschaft geschildert werden, würden mittlerweile der Vergangenheit angehören, also keine Zukunftsschau darstellen. Und so schreibt auch Kardinal Ratzinger: "Soweit einzelne Ereignisse dargestellt werden, gehören sie nun der Vergangenheit an: Wer auf aufregende apokalyptische Enthüllungen über das Weltende oder den weiteren Verlauf der Geschichte gewartet hatte, muß enttäuscht sein." Damit wird festgehalten, daß sich der Interpret und die Seherin sicher darin sind, daß die von der Erscheinung als Folgen für das Unterbleiben der Weihung Rußlands an das Unbefleckte Herz Mariens in Aussicht gestellten Schrecken abgewendet sind. Soweit die offizielle Deutung, die im Titel immerhin als "Versuch einer Auslegung" bezeichnet wird, damit keine absolute Gütigkeit beansprucht.
Die Bilder der Vision sind allerdings stark apokalyptisch geprägt. Dies findet seinen Ausdruck vor allem in dem Bild der "mit Feuerwaffen und Pfeilen" schießenden "Soldaten". Hier mischt sich die biblisch-apokalyptische Schau mit dem Leben des Zwanzigsten Jahrhunderts. Es läßt sich fragen, weshalb die gesehenen Angreifer der kleinen Lucia als "Soldaten" erschienen, trugen sie eine Art Uniform? Was waren die "Pfeile"? Von einem Angriff auf einen Papst sprach Lucia schon in ihrer »Dritten Erinnerung«. Dort heißt es, Jacinta habe in einer Vision gesehen, wie ein Papst einem gewalttätigen Mob ausgeliefert ist: "... ich sah den Heiligen Vater. In einem sehr großen Haus kniete er vor einem Tisch, verbarg das Gesicht in den Händen und weinte. Draußen standen viele Leute, und einige warfen Steine nach ihm, andere beschimpften ihn und riefen häßliche Worte." (Kondor, 1996, S. 118) Der Untergang der gesamten Kirche wird in diesen Bildern geschildert, keine Rettung ist zu erkennen, allein die Segnung der Seelen durch das Blut der Märtyrer bleibt eine Hoffnung. Die Besprengung mit Blut findet sich im Ersten Brief des Petrus 1,1-2, wo es heißt, dieser Brief sei gerichtet an "die auserwählten Fremdlinge" in Kleinasien, "die Gott der Vater, ausersehen hat durch die Heiligung des Geistes zum Gehorsam und zur Besprengung mit dem Blut Jesu Christi". Auf jeden Fall bezieht sich die Vision der Dritten Botschaft auf das Ende der Zweiten Botschaft, wo es heißt: "Die Guten werden gemartert werden, der Heilige Vater wird viel zu leiden haben, verschiedene Nationen werden vernichtet werden, am Ende wird aber mein Unbeflecktes Herz triumphieren." Dies aber sollte nach den Worten dieser Botschaft nur dann eintreten, wenn sich Rußland nicht bekehre.
Kardinal Ratzinger legt in seiner Deutung des Textes das Augenmerk auf das dreimalige 'Buße!' der Engel und interpretiert die Vision daher als Bußaufruf. Von einer Zukunftvision zu sprechen, lehnt der Kardinal ab. Es handele sich nicht um die Vision eines künftigen, unabänderlichen Geschehens. Die Botschaft beinhalte eine Aufforderung zur Umkehr zum Glauben und zum Gebet als Rettung der Seelen.
Die Deutung des in diesem Text geschilderten Geschehens auf das Papst-Attentat im Jahr 1981 erscheint sehr eng und nicht den Bildern entsprechend, die in der Botschaft verwendet werden. Es wird konkret die Situation eines Massakers, ausgeführt von "Soldaten", beschrieben, aus dem niemand, auch der "weißgekleidete Bischof" = der Papst(?) nicht entkommt. Es ist kein einzelner Attentäter, der allein den Papst angreift, sondern eine Gruppe von Soldaten, die nicht nur die gesamte Kirchenhierarchie (Papst, Bischöfe, Priester) und Angehörige religiöser Orden, sondern auch Laien "aller Stände und Stellungen" niedermetzelt. Daß dieses Szenario nicht alleinsteht, zeigt der Zug des Papstes durch die halb zerstörte Stadt, in der auf dem Weg zahllose Leichen liegen. Diese Szenerie erinnert eher an die Apokalypse und das Ende eines großen Krieges, als an ein Attentat.
Kardinal Ratzinger legt in seinen Ausführungen dar, es handele sich bei den Botschaften von Fatima um "persönliche Offenbarungen". Als solche bezeichnet der Kardinal alle Offenbarungen, die "... seit dem Abschluß des Neuen Testaments ..." erfolgten.

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Empfehlenswerte Literatur

* Casimir Barthas, Die Kinder von Fatima, Freiburg (CH): Kanisius 1993 (7. Auflage)
[Im Stil einer Heiligenvita abgefaßt, aber wegen der eingehenden Schilderungen unverzichtbar. Im Buchhandel erhältlich]
* P. Luis Kondor SVD, Schwester Lucia spricht über Fatima, Fatima 1996
[Hier kommt Lucia dos Santos selbst zu Wort und schildert eindringlich ihr Schicksal. Wohl die wichtigste Quelle zu den Fatima-Erscheinungen.]
*Johannes Maria Höcht, Fatima und Pius XII., Wiesbaden: Credo-Vlg. 1959
[Höcht ordnet die Ereignisse von Fatima in die Reihe der Marienerscheinungen ein, um das Wirken Mariens in der Welt zu zeigen und bemüht sich um den Nachweis der Verdienste Papst Pius XII. um die Rettung der Welt.]
*Michael Hesemann, Das Fatima-Geheimnis [erschienen im Herbst 2000]

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Pressestimmen und Diskussion

Die von der Vatikanischen Glaubenskongregation herausgegebene Dokumentation mit dem Titel "Die Botschaft von Fatima" war längere Zeit nur im Internet zugänglich, weshalb für die meisten Menschen der Blick in die Presse die einzige Möglichkeit blieb, sich ein Bild von deren Inhalt zu machen. Von größtem Interesse ist dabei die in der Dokumentation enthaltene Deutung durch Kardinal Joseph Ratzinger, von der derzeit nur wenige Kernaussagen in Zitaten vorliegen.
Bisher sind mir nur drei Artikel aus deutschen Tageszeitungen bekannt, die von der Publikation der "Dritten Botschaft von Fatima" sprechen. Am 27. Juni 2000 druckte die Frankfurter Allgemeine Zeitung die erste Seite dieser Niederschrift ab, zusammen mit einer deutschen Übersetzung. Hingewiesen wird in diesem Artikel auch auf die Aussage des Kardinalstaatssekretärs Sodano, der im Mai erklärt hatte, Papst Johannes Paul II. sehe in der Botschaft einen Bezug auf das Attentat von 1981. (Das "Dritte Geheimnis von Fatima" enthüllt, FAZ, 27.06.2000, S. 9)
Auch das in Berlin erscheinende Boulevardblatt BZ; brachte an diesem Tag eine knappe Darstellung mit Zitaten der Kernaussagen der Botschaft. Dabei wird die Botschaft als Voraussage des Attentats auf den Papst am 13. Mai 1981 gedeutet. Illustriert ist dieser Artikel mit einem Photo, das Papst Johannes Paul II. im Gespräch mit der Seherin Sr. Lucia dos Santos zeigt. (Fatima Prophezeiung drei "Der Papst wird von Soldaten mit Feuerwaffen getötet. Zwei Engel fangen sein Blut auf", BZ, 27.06.2000, letzte Seite) Die Katholische Kirchenzeitung geht in einem kurzen Artikel, ebenfalls auf die Deutung durch Kardinal Joseph Ratzinger ein und gibt den Inhalt der Botschaft auszugsweise wieder. Hinzu kommt ein in der Rubrik "Menschen" zitierter Satz des Kardinals: "Schwester Lucia hat mir gesagt, ihr werde immer mehr deutlich, dass das Ziel der ganzen Erscheinungen gewesen sei, mehr in Glaube, Hoffnung und Liebe einzuüben - alles andere sei nur Hinführung dazu." (Katholische Kirchenzeitung, Nr. 27, 2. Juli 2000, S. 4)

Inzwischen gibt es die erste Reaktion aus den Kreisen der Präatsronautik. Peter Fiebag, der Bruder des verstorbenen Dr. Johannes Fiebag, der in seinem Buch "Die geheime Botschaft von Fatima" (Tübingen 1986) die Überlegung anstellte, es habe sich bei den Erscheinungen um die Manifestation einer außerirdischen Macht gehandelt, publizierte im AAS-FG-Magazin "Sagenhafte Zeiten" (Nr. 4/2000, S. 24-25) einen Artikel zum "Dritten Geheimnis von Fatima". Zunächst hält Peter Fiebag, wie schon in dem gemeinsam mit seinem Bruder verfaßten Buch "Himmelszeichen" (München 1992), fest, die Erscheinung habe sich mit ihrer Vorhersage des Endes des Ersten Weltkrieges geirrt, ebenso verweist er auf die Vorhersage für den Ausbruch des Zweiten Weltkrieges unter dem Pontifikat von Papst Pius XI., der aber nach offizieller Lesart erst unter Pius XII. begann. Pius XI. starb am 10. Februar 1939, worauf Pius XII. das Amt antrat. ["Auf den Einwand, daß der 2. Weltkrieg (1939-1944 [sic! J. D.]) doch unter dem Pontifikat Pius XII. begann, antwortete sie [Lucia; J. D.], daß die Besetzung Österreichs schon der eigentliche Beginn des Krieges war.", heißt in einer Anmerkung zur 'Dritten Erinnerung' Lucias. (Kondor, 1996, S. 113)] Fiebag stellt die Interpretation der Dritten Botschaft auf das Papst-Attentat von 1981 in Frage. Dann verweist er auf einen Satz Johannes Pauls II. aus dem Jahr 1980, in dem er gesagt haben soll: "Wenn zu lesen steht, daß Ozeane ganze Erdteile Überschwemmen, daß Menschen von einer Minute zur anderen abberufen werden, und das zu Millionen, dann sollten sie wirklich nicht mehr nach einer Veröffentlichung dieses Geheimnisses sehnen ...". Damit sieht der Autor einen Widerspruch zu dem jetzt publizierten Text und vermutet "Desinformation". Und so geht er davon aus, daß sich hinter der tatsächlichen Botschaft mehr verbirgt. "Ist damals nämlich nicht Maria erschienen, sondern eine Projektion Außerirdischer, würde sich so manches Rätsel in einem anderen 'himmlischen Licht' darstellen." schreibt er weiter. Johannes Fiebag hatte als Antwort auf die Frage "Was ist die wirklicheBotschaft von Fatima?" schon 1986 geschrieben: "Wenn wir unserer Hypothese folgen, wonach die Erscheinungen von Fatima ein UFO-Ereignis waren, ist die Antwort auf diese Frage geradezu zwingend: Die dritte Botschaft von Fatima, das 'dritte Geheimnis' beinhaltet Informationen über den wirklichen Hergang der Ereignisse, über die tatsächlichen Hintergründe, die über die 'Operation Fatima' und vielleicht sogar darüber hinaus." (Fiebag, 1986, S. 171)

Als Reaktion auf diesen Artikel von Peter Fiebag sandte Michael Hesemann folgenden Leserbrief an "Sagenhafte Zeiten", den er auch zur Publikation hier auf der Seite zur Verfügung stellte:
 
19.7.2000

Liebe AAS-Kollegen,
leider ist der Artikel von Peter Fiebag voller sachlicher Fehler und unbegründeter Angriffe gegen den Vatikan, sodaß ich ihn nicht unwidersprochen lassen kann.
Die Hypothese, Fatima sei von Außerirdischen inszeniert, ist bei genauer Betrachtung der Ereignisse und Augenzeugenberichte nicht haltbar. Allenfalls ist eine Mitwirkung von Außerirdischen z.B. beim berühmten "Sonnenwunder" möglich. Die Erscheinungen selbst aber, wie sie von den Kindern geschildert wurden, haben alle Charakteristiken mystischer Visionen, wobei die religiöse Bildersprache teilweise auf die "Übersetzung" der empfangenen Botschaft durch das Unterbewußtsein der Seher zurückzuführen ist. Hier stößt auch die Prä-Astronautik an ihre Grenzen. Es läßt sich halt nicht alles technisch-außerirdisch erklären. Präzise eingetroffene Voraussagen über den frühen Tod der Kinder, den Ausbruch des 2. Weltkrieges und den Vormarsch und Niedergang des Sowjetkommunismus nur wenige Monate vor der Oktoberrevolution beweisen den übernatürlichen Ursprung der Visionen. Fiebags Behauptung, die Erscheinung habe sich über Kriegsende und Kriegsausbruch geirrt, ist schlichtweg falsch. Nur die Anwesenden hatten die Vorhersage des "baldigen" Kriegsendes falsch interpretiert; der Einmarsch Hitlers in Polen fand zwar unter Pius XII. statt, als eigentlicher Kriegsbeginn kann aber ebensogut Hitlers erste Aggression, der Einmarsch in Österreich, gerechnet werden, der unter Pius XI. stattfand.
Leider verschweigt uns Fiebag den Inhalt des 1. Geheimnisses. Es war eine Vision der Hölle, Symbol für den Zustand der Seelen, die sich von Gott entfernt haben. Das paßt nicht in Fiebags Hypothese.
Es ist wahr, daß Papst Johannes XXIII. das Dritte Geheimnis nicht veröffentlichen wollte, aber nicht, weil er glaubte, damit eine Panik auszulösen, sondern schlichtweg weil das düstere Szenario vom Martyrium der Kirche und eines Papstes dem verordneten Konzilsoptimismus widersprach. Das Fiebag-Zitat ist schlichtweg erfunden, von der Angst vor einer Panik spricht nicht eine einzige der wenigen vorliegenden Quellen über die Reaktion dieses Papstes. Die Empfehlung, die Botschaft 1960 zu veröffentlichen, ging alleinig auf die Seherin Lucia zurück, nicht auf die Madonna.
Fiebags Behauptung, Kardinal Sodano hätte die Veröffentlichung des Dritten Geheimnisses der Glaubenskongregation anvertraut, ist falsch. Richtig ist, daß der Papst die Veröffentlichung angeordnet hat und daß das Geheimnis seit 1957 von der Glaubenskongregation gehütet wird. Wen stört, daß die Veröffentlichung zusammen mit einem erläuternden (und gewiß hilfreichen) Kommentar erfolgte? Der Text ist ja in der Vatikan-Veröfentlichung im Faksimile reproduziert worden und damit zweifelsfrei authentisch.
Welche falschen Schlußfolgerungen portugiesische Bischöfe aus der Sodano-Ankündigung über den Termin der Veröffentlichung gezogen haben ist m.E. irrelevant. Die Kommentierung, Übersetzung in sieben Weltsprachen, Druck und Organisation einer Pressekonferenz waren nicht "von heute auf morgen" möglich. Der vatikanische Kommentar ist ein Angebot. Daß sich zumindest Teile des 3. Geheimnisses auch auf die Zukunft beziehen können, ist durchaus möglich.
Das Papstzitat aus Fulda, das Fiebag anführt, ist nicht authentisch, d.h. es konnte nie bestätigt werden. Doch selbst wenn Johannes Paul II. sich so geäußert haben sollte, besagt dies wenig, hat er das authentische Dritte Geheimnis doch erst im Juli 1981 -nach dem Attentat- gelesen. Er konnte sich also allenfalls auf die spekulative "Emrich-Version" des Dritten Geheimnisses bezogen haben, ein aus Gerüchten aus dem Vatikan zusammenkonfabulierter Text, den die Zeitschrift "Neues Europa" 1963 veröffentlichte und aus dem ein Bericht in der Vatikanzeitung "Osservatore della Domenica" am 15. Oktober 1978, dem Tag vor der Wahl des Wojtyla-Papstes, zitierte. Daraus Verschwörungstheorien zu fabrizieren ist mehr als gewagt.
Daß der veröffentlichte Text vollständig ist, geht eindeutig aus dem mit Überschrift versehenen und mit Datum unterzeichneten Faksimile-Text aus den Händen Lucias hervor. Alles andere ist wilde, unseriöseste Spekulation. Der Grund für die Geheimhaltung ist offensichtlich: In der Vision stirbt der Papst unter dem Feuer. Von einem Sieg der Kirche ist keine Rede. Die vermeintliche Prophezeiung eines Sieges der kommunistischen Kirchenfeinde und Christenverfolger hätte diese nur zu weiteren Schritten ermutigen können. Dabei ist echte Prophetie immer eine Warnung, mit dem Ziel, die möglichen Zukunftsereignisse abzuwenden. Ich nenne dies den "Niniveh-Effekt". Als die Bürger von Niniveh die Warnung Jonahs hörten und darauf reagierten, blieb die angekündigte Zerstörung der Stadt aus. So hat auch der Papst die Fatima-Warnung verstanden, als er das Attentat -wie er glaubt durch Einwirkung der Madonna- überlebte. So fiel letztendlich die kommunistische Sowjetunion, während Johannes Paul II. die Christenheit in das Dritte Jahrtausend führte. Die Erscheinung von Fatima hat damit ihr Ziel erreicht. Die Botschaft konnte veröffentlicht werden.
Wer nach wie vor jetzt Verschwörungshypothesen publiziert, verläßt den Boden der Tatsachen. Er läuft Gefahr, zur tragischen Gestalt zu werden, die um jeden Preis ihr Gesicht nicht verlieren, eine liebgewonnene aber längst widerlegte Hypothese retten will. Irren ist menschlich...an Irrtümern festhalten aber dumm. So stehen wir bei Fatima staunend vor der Manifestation einer wenn nicht außerirdischen, dann doch überirdischen Macht, eines Eingreifen des Göttlichen (und nicht der "Götter") in die Geschichte aus Sorge um die Menschheit.

(Michael Hesemann)

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